Wenn Sie Interesse an langfristigen Geschäftsbeziehungen haben, sollten Sie sich unbedingt mit dem Thema authentische Positionierung beschäftigen.
Wenn Sie Interesse an langfristigen Geschäftsbeziehungen haben, sollten Sie sich unbedingt mit dem Thema authentische Positionierung beschäftigen.

Positionierung: Zum Tango tanzen gehören immer zwei

9 Min.

Kann man sich ein Ziel setzen: „Ich möchte eine gute Beziehung zu jemandem aufbauen“ und hoffen, dass man es erreicht und abhaken kann? Bei näherer Betrachtung kann die Antwort leider nur lauten: Nein: Nein! Wenn Sie also an langfristigen Geschäftsbeziehungen interessiert sind, dann sollten Sie sich unbedingt mit dem Thema „authentische Positionierung“ auseinandersetzen.

Im letzten Beitrag „Marketing-Sprech ist allgegenwärtig“ ging es darum, dass überall von Anbietern signalisiert wird: „Lieber Kunde, Deine Wünsche und Bedürfnisse stehen im Mittelpunkt unserer Arbeit“.

Diese Botschaft steht jedoch in krassem Gegensatz zur Realität, die jeder von uns täglich auf dem Markt beobachten kann. Die emotionalen und bedürfnisorientierten Begriffe, die wir in den Werbekampagnen vorfinden, sind reine Stilmittel und damit Mittel zum Zweck.

Aus der Sicht des Marketings sind „Positionierung“, „Differenzierung“, „Alleinstellungsmerkmal“ usw. lediglich Bestandteile einer „Geschichte“, die wir über uns erzählen wollen, um die Aufmerksamkeit des potenziellen Kunden auf uns zu lenken und eine bestimmte Wirkung zu erzielen.

Apropos Positionierung: Wenn Sie als Unternehmer an einem langfristigen Business interessiert sind, dann sollten Sie sich unbedingt mit dem Thema Positionierung auseinandersetzen.

Zu diesem Zweck möchte ich an dieser Stelle die beiden Begriffe „marketinggetriebene“ und „authentische“ Positionierung als Platzhalter einführen, um Ihnen zwei mögliche innere Haltungen, mit denen Sie an das Thema Marketing herangehen können, besser verdeutlichen zu können.

⁠„Marketinggetriebene“ Positionierung

Wikipedia beschreibt die Positionierung im Marketing als „das gezielte, planmäßige Schaffen und Herausstellen von Stärken und Qualitäten, durch die sich ein Produkt oder eine Dienstleistung in der Einschätzung der Zielgruppe klar und positiv von anderen Produkten oder Dienstleistungen unterscheidet“.

Mit meinen Worten: Es geht darum, etwas zu tun, um eine bestimmte Wirkung zu erzielen. Dann muss man „nur noch“ mit einer Marketingkampagne der definierten Zielgruppe vermitteln, was die Stärken und Qualitäten sind.

Hierfür ist eine quantifizierbare Zielgruppenbestimmung von Vorteil. D.h. eine Zielgruppe, die klar abgegrenzt und mit Outbound-Marketing-Instrumenten leichter erreicht werden kann.

Ziel erreicht! Abgehakt!

Wäre eine marketinggetriebene Positionierung, wie hier spezifiziert, ein gutes und realisierbares Ziel? Ja, durchaus!

Denn wie erzielen Sie handfeste Resultate? Sie legen ein Ziel und die To-dos fest und fangen mit dem ersten Schritt an. Auf dem Weg zum Ziel begegnen Sie womöglich Hindernissen und Problemen, die Sie überwinden müssen.

Sie können z. B. auf eine Kostenführerschaft-Strategie setzen, die Produkte in einem Billigland produzieren lassen, schlanke interne Prozesse aufsetzen und anschließend durch eine Werbekampagne eine ganz konkrete, eng gefasste und attraktive Zielgruppe ansprechen und die Message transportieren: „Bei uns bekommen Sie das Produkt garantiert zum günstigsten Preis“.

Weiterführende Lektüre:

Apropos Kostenführerschaft-Strategie, bei Interesse verweise ich auf meinen Fachbeitrag „Magisches Dreieck & Unternehmenspositionierung“.

Ein gutes Ziel können Sie erreichen und abhaken. Sie können sich anschließend das Resultat anschauen, einen Soll-Ist-Vergleich anstellen und bei Bedarf sich ein neues Ziel vornehmen.

Nach Umsetzung der obigen Maßnahmen kann Ihr Unternehmen somit in diesem Fall wahrhaftig von sich behaupten: Wir sind positioniert.

Wie erreicht man gute Beziehungen?

Aber können Sie sich auch als Ziel vorgeben: „Ich möchte eine gute Beziehung mit jemandem gestalten“ und ebenfalls hoffen, dass Sie das Ziel erreichen und abhaken können?

Spontan möchten Sie vielleicht mit „ja“ antworten, aber bei näherer Betrachtung kann die Antwort leider nur lauten: Nein! Denn Beziehungen gestalten sich in und während der Realisierung der Beziehung mit anderen. Sie befinden sich somit in jedem Augenblick in einer Beziehung. Gestern war sie noch gut, heute ist sie schlecht und morgen vielleicht wieder anders.

Was Beziehungen betrifft, gilt der bekannte Satz: „Der Weg ist das Ziel“. Ob Sie auf dem Weg eine gute Beziehung erleben, ist letztlich unabhängig davon, ob ein Resultat am Ende des Weges auf Sie wartet, ob dieses Ziel nah oder fern ist und wie oft Sie um Hindernisse herum gehen müssen. Es gilt:

Das Ziel, eine gute Beziehung gestalten zu wollen, können Sie nicht allein erreichen, denn zum Tango tanzen gehören immer zwei.

Bis gestern hat das, was Sie machen, für eine harmonische Beziehung gesorgt. Heute aber verhält sich der andere anders und Ihre bewährte Methode entfaltet keine Wirkung. Das stört Sie. Die Beziehung leidet drunter.

Bis gestern haben Sie so funktioniert wie Ihr Gegenüber es von Ihnen gewohnt war. Heute finden Sie etwas Neues über sich heraus und verhalten sich plötzlich anders und für den anderen unerwartet. Das stört den anderen. Die Beziehung leidet drunter.

Natürlich können Sie selbst was für eine gute Beziehung „machen“. Das ist aber kein To-do-Thema, das nach dem Motto funktioniert: Wenn Sie „A“ machen, kommt „B“ heraus.

Es ist vielmehr ein Spiel mit Wahrscheinlichkeiten: Wenn Sie beispielsweise nach Menschen suche, die ähnlich ticken wie Sie selbst, Sie sich ihnen offen und authentisch präsentieren, sich auf sie einlassen und ihre Bedürfnisse erkennen, dann erhöhen Sie die Wahrscheinlichkeit dafür, dass Sie gute Beziehungen erleben können.

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Neben Resultate erzielen und Beziehungen gestalten gibt es noch ein drittes mögliches Ziel, nämlich Erkenntnisse gewinnen. Diese Zielerreichung funktioniert wiederum ganz anders als die anderen beiden. Bei Interesse, in meinem eBook „Nachhaltige Entscheidungsprozesse“ gehe ich detailliert darauf ein.

Apropos „Beziehungen gestalten“, das ist der Übergang zum zweiten Positionierungsansatz, für den ich den Begriff „authentische Positionierung“ als Platzhalterbegriff verwenden möchte.

⁠„Authentische“ Positionierung

Bei einer authentischen Positionierung geht es Ihnen letztlich darum, eine gute und langfristige Beziehung zu Ihren Kunden aufzubauen.

Als Anbieter halten Sie daher gezielt nach Kunden Ausschau, die Sie gut verstehen, sich leichter in ihre Lage hineinversetzen und ihre dringenden Bedürfnisse gut nachvollziehen können. Dadurch wird Ihnen leichter fallen, für ihr konkretes Bedürfnis eine passende Lösung zu entwickeln, die sie hoffentlich begeistern wird.

Sie erhöhen dadurch die Wahrscheinlichkeit einer guten und langfristigen Beziehung mit ihnen. Somit gilt auch hier: Zum Tango tanzen gehören immer zwei. Dieses Ziel können Sie nicht allein verfolgen, denn Ihr Kunde hat ein gehöriges Wörtchen mitzureden.

Der entscheidende Punkt ist:

In diesem Fall ist „Absatz“ nicht das primäre Ziel Ihrer Maßnahmen, sondern „nur“ das positive Nebenprodukt dessen, dass Sie in einer guten und langfristigen Beziehung mit Ihren Kunden stehen.

Ich glaube erkannt zu haben, dass diese Auslegung des Begriffs Positionierung wohl dem US-Coaching-Markt entstammt und auch hierzulande in allerlei Branchen zunehmend Verbreitung findet.

Authentische Positionierung versus beziehungsorientiertes Marketing

Im letzten Beitrag habe ich als eine mögliche Deutung des Begriffs Marketing kurz skizziert: „Ein Instrument zur Gestaltung der Geschäftsbeziehung“. Für die Ohren eines klassischen Marketing-Experten erkläre ich daher nichts Ungewöhnliches, wenn ich authentische Positionierung beschreibe.

Was bei Marketingexperten wohl leicht untergeht: Wir haben es hier wahrhaftig mit dem Thema „Beziehungsgestaltung“ zwischen zwei Parteien zutun …

… und nicht mit einem Instrument, das lediglich die Wirkmechanismen der Beziehungsgestaltung nutzt, um Resultate zu erzielen, sprich den Absatz zu steigern.

Wenn Unternehmen daher für sich das Ziel formulieren, durch eine bessere authentische Positionierung den Absatz zu steigern und Marktanteile gewinnen zu wollen, dann tendieren viele Berater dazu, ihren Kunden eine Zielerreichung in Aussicht zu stellen, die sie durch das Abarbeiten von To-dos aus eigener Kraft erreichen können. Das ist die Überleitung zu der Frage:

Führt eine authentische Positionierung eigentlich zu mehr Absatz?

Wenn Sie sich von einer authentischen Positionierung mehr Absatz erhoffen, dann kann ich nur sagen: vergessen Sie es!

Das Gegenteil ist eher der Fall: Wenn Ihre Positionierung darauf hinaus zielt, die zu Ihnen passenden Kunden zu finden, dann wird Ihnen das im Zweifelsfall im Wege stehen, um ungehemmt die Vielfalt der Marketinginstrumente auszuschöpfen. Sie werden sehr wahrscheinlich Absatzpotenziale verschenken.

Aber: Eine authentische Positionierung ist m. E. signifikant positiv korreliert mit steigenden Gewinnen. Denn eine marketinggetriebene Positionierung bringt viele „falsche“ Kunden 2) mit sich, die infolge die Produktivität und Profitabilität aufzehren.

Weiterführende Lektüre:

Apropos falsche Kunden, bei Interesse verweise ich auf meinen Fachbeitrag „Sind Umsatzsteigerung und Wachstum per se positiv? (Teil 2)“.

Authentische Positionierung als Gradmesser der emotionalen Zufriedenheit

Das Resultat einer Zielerreichung können Sie in der Tat messen und es muss sich in der Praxis bewähren. Jedoch eine Beziehung mit dem Maßstab einer Zielerreichung messen zu wollen, ist wie der Versuch, mit einem Zollstock messen zu wollen, ob Ihnen das Wasser schmeckt.

Die Ergebniskontrolle einer guten Beziehung misst sich nämlich in der emotionalen Zufriedenheit während der Beziehung. Im Hier und Jetzt.

Anders formuliert: Die authentische Positionierung ist ein Gradmesser der emotionalen Zufriedenheit beider Parteien in der Geschäftsbeziehung. Jeden Tag neu zu messen, auszuwerten und ggfs. neu auszurichten. Kein Ziel, das Sie autonom erreichen und abhaken können.

Und ganz wichtig: Die Positionierung bleibt nur solange gültig wie sich nichts in der Beziehung der beiden Parteien verändert.

Wie erreichen Sie Kunden, die ähnlich ticken wie Sie selbst?

Bei einer marketinggetriebenen Positionierung können Sie auf quantifizierbare Merkmale setzen. Hingegen ist eine authentische Positionierung schwer quantifizierbar. Denn schließlich wollen Sie ja z. B. Menschen erreichen, die ähnlich ticken wie Sie selbst.

Sinus-Milieus

Dieses Ziel stellt eine große Herausforderung für klassisches Marketing dar. Ein möglicher Weg ist über Milieu-Segmentierungen.

Auf diese Weise werden Menschen in Gruppen zusammengefasst, die sich in ihrer Lebensweise und ihren Alltagseinstellungen zu Arbeit, Familie, Freizeit oder Geld und Konsum ähneln.

Marketingkampagnen via Milieus zu organisieren, ist durchaus als eine Investition zu sehen, die die Budgets von kleinen Unternehmen nicht selten sprengen würde.

Auch aus diesem Grund kommen verstärkt Inbound-Marketinginstrumente zum Einsatz, da sie besonders gut kompatibel sind mit dem Ziel einer authentischen Positionierung.

Marketinggetriebene und authentische Positionierung haben jeweils ihre Vor- und Nachteile. Diese möchte ich Ihnen zum Schluss plakativ wie folgt zusammenfassen:

 marketinggetriebenauthentisch
Besonders geeignet fürSerien-/MassenprodukteMaßgeschneiderte Produkte
Aufmerksamkeit aufAbsatz/UmsatzKundenbeziehung
Emotionale Bindungniedrighoch
Marketingtoolsvielfältigausgewählt
Zielgruppendefinitionquantifizierbarschwer/ nicht quantifizierbar
Message aus KundensichtMarketing-Blablaauthentisch

Fazit:

Ein und dasselbe Marketinginstrument können Sie mit zwei unterschiedlichen „inneren Haltungen“ anwenden: Um Resultate zu erzielen (vgl. marketinggetriebene Positionierung) oder um Beziehungen zu gestalten (vgl. authentische Positionierung).

Sollte es Ihrem Unternehmen um Beziehungsgestaltung gehen, dann können Sie bestenfalls von sich behaupten: „Bis gestern waren wir noch positioniert und heute sind wir gespannt, ob wir es noch sind“.

Das, was der Positionierungsberater nämlich für Ihr/mit Ihrem Unternehmen erarbeitet, ist gut und wichtig. Es ist aber keine Positionierung, sondern eine Hypothese über eine mögliche künftige Positionierung!

Diese Hypothese gibt Orientierung, damit Sie während des Vollzugs der Geschäftsbeziehung mit Kunden sich daran richten und nach und nach die eigene Positionierung finden können.

Wenn Sie also vor Kunden sitzen und

  • Sie öfters nicht verstehen, was diese von Ihnen genau wollen, oder
  • die Kunden nicht verstehen, was genau Sie von ihnen brauchen, damit Sie Ihren Job ordentlich machen können, oder
  • die Kunden zufrieden sind mit Ihnen und Sie nicht genau wissen warum (und das kommt öfters vor als wir glauben), oder
  • Sie sich öfters über die geäußerten Kundenwünsche ärgern,

dann haben Sie Indizien dafür, dass Sie Ihre Hypothese womöglich anpassen müssen.


Autor:

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Kommentare

2 Kommentare zu „Positionierung: Zum Tango tanzen gehören immer zwei“

  1. Ein spannender Artikel, vielen Dank! Nicht zuletzt steckt im Wort Beziehung auch das Verb “sich beziehen auf”. Ich beziehe mich auf den Kunden und alleine dieses aktive Verb ist schon mit Emotion behaftet.

    Beste Grüße, Ulrike

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