Magisches Dreieck bestehend aus “Zeit”, “Kosten” und “Qualität” stehen in einer Zielkonkurrenz zueinander. Wer in Ihrem Unternehmen bestimmt eigentlich, welcher dieser drei im Fahrersitz sitzt? Und welchen Nutzen erhoffen Sie sich davon, welchen Preis zahlen Sie dafür?
Der Begriff „magisches Dreieck“ wird sowohl im Projektmanagement als auch in der Produktion verwendet. Es ist eine modellhafte Darstellung der drei in einer Zielkonkurrenz zueinander stehenden Größen „Zeit“, „Kosten“ und „Qualität“.
In diesem Beitrag verwende ich den Begriff als ein Ordnungsrahmen, um Sie auf die internen Unwägbarkeiten unterschiedlicher Marktstrategien aufmerksam zu machen.
Drei Komponente des Magischen Dreiecks
Komponente “Zeit”
Mit dem Begriff Zeit werden üblicherweise die (Projekt-) Dauer und die einzuhaltenden Termine verbunden. In der Produktion könnte man die Mission plakativ so umschreiben:
- Sie haben die Nase vorn bei der Entwicklung neuer Produkte (time to market) und liefern Ihre Produkte exakt zum vereinbarten Termin.
Komponente “Kosten”
Mit Kosten wird üblicherweise der Ressourceneinsatz verbunden. Produktionsmission:
- Sie haben Ihre Kosten im Griff, suchen aktiv nach Möglichkeiten zur Kostenreduktion und geben die Vorteile an Ihre Kunden weiter.
Komponente “Qualität”
Mit Qualität wird üblicherweise der Inhalt bzw. Umfang und natürlich die Qualität des Outputs verbunden. Produktionsmission:
- Sie produzieren fehlerfreie Produkte mit kontrollierten und fehlerfreien Prozessen im Rahmen eines wohldefinierten Managementsystems.
Beim Thema magisches Dreieck streben gute Unternehmen letztlich nach einer gesunden Balance, aber ein Thema sitzt dabei im Fahrersitz und hat die erste Priorität. Wer bestimmt die Priorität bzw. Ausrichtung?
Magisches Dreieck: Wer legt bei Ihnen die Priorität fest?
Diese Frage mag auf den ersten Blick trivial erscheinen, sie ist aber alles andere als das! Egal ob beim Thema Origanisationsentwicklung bzw. Prozessmanagement im Allgemeinen, oder beim Projektmanagement im Besonderen, das ist einer der ersten Fragen, die mich beschäftigen, wenn ich die Metaperspektive einnehme, um die wahren Ursachen einer akuten Störung und ihre Wechselwirkungen zu verstehen.
Auch bei Unternehmen, die nach außen absolut gleich aufgestellt erscheinen, kann die Antwort auf die Frage, wer faktisch die Produktionsmission vorgibt, sehr unterschiedlich ausfallen:
Bei der einen Firma ist es die Leitung Produktion, bei der anderen ist es die Leitung Vertrieb (!), bei der dritten der Inhaber,…!
M. E. gibt es kein falsch oder richtig bei dieser Frage. Jede Ausrichtung ist Geschmackssache, hat einen Vorteil und Sie bezahlen dafür einen Preis. Verallgemeinernd lässt sich festhalten: Je klarer die Ausrichtung für alle Beteiligten, desto zielgerichteter und produktiver kann Ihre Organisation arbeiten.
Wann beginnt die Verwässerung?
Bei inhabergeführten mittelständischen Unternehmen der ersten Generation ist zunächst die Produktionsmission eindeutig und klar. Retrospektiv können Sie manchmal den Zeitpunkt recht genau bestimmen, wann die Verwässerung dieser Mission begonnen hat: Hier passierte sie im Zuge eines Generationenwechsels und dort war es aufgrund einer externen starken Person, die Sie neu als Manager eingekauft haben.
Die alte Ausrichtung – und ihre internen Sympathisanten – sind weiterhin vorhanden, während zeitgleich die neue Mentalität Einzug hält. Je unklarer die gemeinsame künftige Ausrichtung, desto mehr Zeit und Produktivität werden Sie infolge mit internen Richtungskämpfen verschwenden.
Manchmal ist die Verwässerung ein schleichender Prozess, der dadurch entsteht, dass Ihr Unternehmen immer größer und komplexer wird. Die Rolle des Unternehmers, der sich produkt- und bereichsübergreifend für die Gesamtunternehmung verantwortlich zeichnet, wird nach und nach vakant.
Es treffen stattdessen Ihre Produkt- und Bereichsverantwortlichen mit ihren jeweiligen Egoismen aufeinander. Echte Entscheidungen werden immer seltener und sie werden ersetzt durch kurzsichtige Siege der jeweiligen Fraktionen bei einzelnen Schlachten.
Aber auch dann, wenn die Prioritäten klar sind, bleiben die Antworten auf die nachfolgenden Fragen häufig offen:
Welchen Nutzen erhoffen Sie sich von der Ausrichtung und woran erkennen und messen Sie, dass der Preis, den das Unternehmen für diese Wahl zahlt, nicht zu hoch ausfällt?
Magisches Dreieck: Welchen Nutzen erhoffen Sie sich von der Ausrichtung?
Wie oben erläutert, gibt es in Unternehmen häufig keine einheitliche Priorität. Somit ist es weiter nicht verwunderlich, dass ich unterschiedliche Antworten erhalte, wenn ich die Frage nach dem Nutzen stelle. Darüber hinaus sind die Antworten, die ich erhalte, meist vage und allgemein formuliert.
Nehmen wir an, Ihr Unternehmen setzt primär auf die Karte Qualität. Was verspricht sich das Management davon? Welche Vorstellung ist quasi deren innere Motivator?
Es ist immer wieder überraschend, wie groß die Bandbreite der Antworten in ein und derselben Firma ausfallen können. Eine Auswahl:
- Dadurch sind wir in der Lage, höhere Preise durchzusetzen.
- Wir werden den Branchen-Award XY gewinnen und ärgern damit unsere Wettbewerber.
- Wir sorgen für Kundenbegeisterung, weil wir deren Erwartungen übertreffen.
- Wir kommen dadurch, dass wir uns mit Qualitätssteigerung befassen, auf neue Ideen, Produktinnovationen oder neue Geschäftsfelder.
Je nach Antwort kann Ihr Weg zu – unterm Strich – mehr Ertrag unmittelbar (Antwort 1) oder mittelbar sein (3). Wenn Sie darauf achten, wird Ihnen auffallen, dass viele internen Diskussionen und Blockadehaltungen in Ihrem Unternehmen sich genau um die Frage des richtigen Wegs drehen.
Insbesondere dann, wenn die Wirkung sich über Bande gespielt entfalten soll, stellt sich die Frage: Wie messen Sie, ob diese Wette aufgeht? Großkonzerne leisten sich entsprechende Stabsfunktionen zur Beantwortung dieser Frage, aber der Mittelstand neigt dazu, eine Annahme zu treffen und diese als gegeben fortzuführen, ohne sie je überprüft zu haben.
Wert versus Wertanmutung
In diesem Zusammenhang erscheint es angebracht, auf einen Aspekt hinzuweisen, der m. E. meist zu kurz kommt: Jedes Produkt/jede Dienstleistung hat nicht nur einen objektiv verifizierbaren Wert, sondern auch eine Wertanmutung!
Die Wertanmutung spielt sich eher unbewusst ab und hat eine essenzielle Auswirkung auf die Attraktivität Ihres Angebotes. Sie wird sich bei am Markt bekannten und etablierten Produkten wohl in Richtung des Marktpreises einpendeln. Bei neuen Produkten oder Produkt-Features hingegen orientiert sich Ihr Kunde (unbewusst) an bisherigen Erfahrungen. Den Unterschied möchte ich am Beispiel eines Smartphones erläutern:
Die Wertanmutung eines Smartphones war für mich persönlich nie höher als € 250, –. Daher konnte kein Produkt-Feature, Design, o. Ä. mir einen adäquaten Mehrwert liefern, der einen Ladenpreis von > € 600, – rechtfertigt. Erst als die Preise durch Konkurrenzprodukte sich nach unten bewegten, habe ich mir das erste – immer noch als überteuert empfundene – Smartphone geleistet.
Hingegen verbinde ich mit einer meiner Mitgliedschaften, für die ich ein Jahresgebühr von € 50, – zahle, eine wesentlich höhere Wertanmutung. Diese Wertanmutung ist geknüpft an die Qualität der übrigen Mitgliedern, die ich dort vorfinde und nicht an die Qualität des Dienstleisters! Somit sind die schlechte Erreichbarkeit und der Service des Dienstleisters zwar nicht schön, aber sie ändern nicht mein Verhalten.
Dies vorausgeschickt, zurück zum Thema Qualität: Nehmen wir an, Sie führen eine 24/7 Callcenter-Erreichbarkeit ein. Bislang hatten Sie acht Stunden an fünf Tagen. Ihre unmittelbare Absicht: »Wir sorgen für Kundenbegeisterung«. Ihre mittelbare Absicht: »Das Kundenunternehmen bleibt länger treu«. Und Sie fragen sogar das Kundenunternehmen: »Ist es gut, dass wir nun 24/7 erreichbar sind?« Und es antwortet artig: »Klar. Super.« Denn mehr ist immer super!
Sie können stattdessen die Frage so stellen, dass Sie die Wertanmutung dieser Teildienstleistung erfahren. Der Schock sitzt nicht selten tief, wenn Sie herausfinden, dass die Wertanmutung nur einen Bruchteil der eigenen Herstellkosten ausmacht! Spätestens jetzt sollten Sie sich ernsthaft mit der Frage beschäftigen: Wird diese Mehrqualität wirklich dafür sorgen, dass die Kunden treu bleiben, oder ist es nur ein kostspieliges Wunschdenken?
Am Rande erwähnt, ich habe bis dato nur wenige Unternehmen kennengelernt, die Kundentreue bewerten (können): Welchen Mehrwert – in Euros – hat es, wenn das Kundenunternehmen durchschnittlich zwei Jahre treu bleibt, anstatt bislang ein Jahr? Können Ihre Verantwortlichen die Frage beantworten?
Magisches Dreieck: Welchen Preis zahlen Sie für die Ausrichtung?
Damit ich auf diese Frage eingehen kann, möchte ich empfehlen, bei der Beschreibung der Produktionsmission die Einteilung Kosten, Zeit und Qualität durch drei Realitätswahrnehmungsfilter zu ersetzen, für die ich die nachfolgenden Platzhalterbegriffe verwende:
Erkenntnisse gewinnen, Resultate erzielen und Beziehungen gestalten.
Erkenntnisse gewinnen steht hierbei stellvertretend dafür, dass Ihre Aufmerksamkeit nach innen gerichtet ist. Wenn das im Fahrersitz sitzt, dann beschäftigen Sie sich primär mit sich selbst: Planung der Ressourcen, Produktionsprozesse, Genehmigungsprozesse, Innovations-Management. Die Komponente Zeit ergibt sich hieraus!
Qualität, Produkt- und Preisstrategie sind primär eine Frage der zugrunde liegenden Kalkulationen: Break-even, Skaleneffekte, Marktpotenzialanalyse etc. Die Wahl des Produktionsstandorts ist vorrangig eine Kostenentscheidung.
Die Potenziale, die Sie verpassen, weil die Organisation zu langsam auf externe Impulse und Informationen reagiert und sich zu langsam auf neue Marktrealitäten einstellt, sind der Preis, den Sie möglicherweise zahlen.
Resultate erzielen steht stellvertretend dafür, dass Ihre Aufmerksamkeit auf den Markt gerichtet ist: Wettbewerbsvorteile bzw. Marktanteile gewinnen und verteidigen. Kosten stellen die hierfür notwendigen Investitionen dar.
Qualität, Produkt-, Preisstrategie, Standorte oder Innovationen, alles dient als ein Mittel zum Zweck. Nicht mehr und nicht weniger.
Die negativen Reaktionen der Kunden, die sich als anonyme Melkkühe behandelt fühlen, sind der Preis, den Sie möglicherweise zahlen.
Apropos Resultate erzielen: In vielen Unternehmen werden die Arbeitsstunden der Mitarbeiter (unbewusst) mehrfach verkauft. Das hat zur Folge, dass mehr zu tun ist, als an personeller Kapazität zur Verfügung steht.
Dies wiederum hat zur Folge, dass die ursprünglich geplanten Termine nicht eingehalten werden können und/oder der Auftraggeber Einbußen bei der zugesicherten Leistungsqualität hinnehmen muss. Auf diese Problematik gehe ich im Beitrag “Vom Blindflug zur effektiven Unternehmenssteuerung mit Kennzahlen” näher ein.
Beziehungen gestalten steht stellvertretend dafür, dass Ihre Aufmerksamkeit auf die Wünsche und Bedürfnisse der Kunden gerichtet ist.
Qualität, Produkt-, Preisstrategie, Standorte, Liefertermine oder Innovationen: Alles ist eine kausale Folge davon, dass Sie sich mit den Kundenbedürfnissen auseinandersetzen.
Die fehlende Produktivität bzw. der fehlende Return on Investment, weil Sie die eigenen unternehmerischen Grenzen nicht kennen oder respektieren, sind der Preis, den Sie möglicherweise zahlen.
Fazit:
Wie Sie sehen, ist dieses Thema – weit mehr als Sie zunächst für möglich hielten – ein “weiches” Thema und hat viel mit Faktor Mensch zutun, i. e. mit den individuellen Vorstellungen, was Menschen als falsch oder richtig wahrnehmen. Diese Wahrnehmung mündet in entsprechenden Erwartungen an die eigene Rolle und an die der anderen Kollegen.
Viele solche Erwartungen erweisen sich als widersprüchlich und sorgen für Frust, Demotivation und Blockadehaltungen des Individuums und für Stagnationen und unproduktive Abläufe in der Organisation.
9 Kommentare zu „Magisches Dreieck: Kosten – Zeit – Qualität“
Ein “guter” Verkäufer erreicht auch bei unscharfen Zielgruppen-USPs mit kundenspezifisch herausgearbeiten USPs den Kauf.
Denn m.E.n. bedarf es einer genauen Kunden-Ergründung, welche genauen Vorteile/Nutzen gerade dieser eine Kunde gerade jetzt benötigt. Morgen kann schon wieder alles anders sein…
Daher ist ein Preisnachlass m.E. zwar möglich, aber dann verbunden mit einer Leistungsreduzierung, die für den Kunden gerade unrelevant ist oder einem Zusatzverkauf auf anderer Ebene (z.B. Rahmenvertrag, Empfehlungsgabe, Anhebung zum Standardlieferanten, etc.).
Vielen Dank für den wichtigen Hinweis. Das ist in der Tat so, dass “gute” Verkäufer genau das beherrschen. Die Frage ist jedoch in diesem Zusammenhang: Ist es aus Gesamtunternehmenssicht wirklich positiv, dass diese Verkäufer so vorgehen? Und meine Antwort: Ganz eindeutig nein!
Denn ist die Aufmerksamkeit allein auf den Absatz/Umsatz gerichtet, ist das Risiko sehr groß, dass man sich “falsche” Kunden einkauft, die nicht zum Unternehmen und seine Prozesse passen und diese insbesondere in der Auftragsabwicklung aufhalten.
Falls Sie Interesse auf diese Sichtweise/Thematik haben, empfehle ich den folgenden Beitrag:
“Kundenmanagement: Erkennen Sie falsche Kunden?“
Z.B. der Punkt 1) “Dadurch sind wir in der Lage, höhere Preise durchzusetzen.”
Wenn man von Waren oder Marken die als “Statussymbol” angesehen werden absieht, fällt jeden Hersteller und erst recht jeden Dienstleister schwer höhere Preise durchzusetzen. Die Geiz ist geil Mentalität, läßt hier oft keinen Spielraum wenn der Einkauf eines Unternehmens von dem Pfad der reinen wirtschaftlichen Betrachtungsweise abweichen möchte.
Sicherlich möchte man z.B. eine Dienstleister mit besten Referenzen aber bitte nur dann wenn er auch das günstigste Angebot unterbreitet.
Ja, ein guter Punkt. M.E. steht und fällt alles mit der Frage: Habe ich wirklich ein Alleinstellungsmerkmal, für das ich einen höheren Preis verlangen könnte?
Zunächst ist anzumerken, dass das Selbstbild und die Wirklichkeit sehr stark auseinander driften können. Auf Stellensuche hatte ich mal die Gelegenheit, für die gleiche Zielgruppe bei 5 Großbanken vorzusprechen. Allen habe ich die Frage gestellt: Was ist Ihr USP bei dieser Zielgruppe? Sie haben exakt die gleichen Produkte und Dienstleistungen aufgezählt!
Wenn man tatsächlich ein USP hat, das von Kunden als solches wahrgenommen wird, dann braucht man eine andere rare Qualität: Mut! Die Angst, Kunden und Umsatz zu verlieren, wenn man nicht im Preis nachgibt, ist riesig.
Es gibt zwei Gründe, warum der Artikel nicht kommentiert wird.
Zum einen beschreibt der Artikel vollständig und umfassend das Dreieck und dem kann man sehr wenig hinzufügen.
Zum anderen ist die “Geil ist geil” Mentalität auch so sehr in vielen Unternehmen verinnerlicht worden, so dass die hier berechtigten Fragen sich oft gar nicht mehr stellen, leider.
Danke Ihnen für Ihr Feedback. Darf ich fragen, was Sie damit genau meinen/ welchen Kontext Sie dabei vor Augen haben?
Dieser Beitrag ist der meist gelesene und geteilte Beitrag und das ununterbrochen seit vielen Monaten. Recht herzlichen Dank dafür. Aber leider kein einziger Kommentar!
Liebe Leserin, lieber Leser, vielleicht finden Sie die Zeit und Muße, ein Kommentar zu hinterlassen: Was gefällt Ihnen? Was vermissen Sie? Deckt sich meine Beobachtung mit Ihren Erfahrungen? Über welches Thema möchten Sie mehr wissen? …
Vielen Dank im Voraus. Kourosh Ghaffari
das magische Dreieck ist falsch dargetellt.
Vielen Dank. Gut zu wissen.