Warum erstellt man Planzahlen? Die offizielle Antwort lautet sinngemäß: „Damit ich meinen künftigen Personal– und Liquiditätsbedarf bestimmen kann.” Leider aber passt die Realität nur selten zu dieser offiziellen Antwort.
Die ehrliche Antwort auf diese Frage wäre vermutlich: Weil ich muss (z. B. für die Bank) oder weil man das halt so macht.
Es fängt damit an, dass die entscheidende Größe, nämlich die Umsatz-Planzahlen, häufig von der Vertriebs-/Kundenabteilung vorgegeben werden.
- Nicht selten enthalten die Planzahlen nur den Euro-Umsatz, anstatt eine Aufteilung in “Einheit x Preis”. Dabei ist der Unterschied, ob Sie mehr Umsatz tätigen, weil Sie mehr Einheiten verkaufen oder einen höheren Preis pro Einheit durchsetzen, sehr offensichtlich, und die Auswirkung auf den Gewinn im wahrsten Sinne des Wortes durchschlagend.
- Nicht selten enthalten die Planzahlen nur eine Zahl, die – man darf sich wundern – stets höher ist als der Vorjahreswert. Planumsätze des Vertriebs scheinen keine Umsatzrückgänge zu kennen.
Ist man unter der Sollzahl, stellt man sich die Frage: Warum haben wir unsere Planzahlen verfehlt? Rechtfertigungen und Schuldzuweisungen sind die typischen Themen, mit denen man sich anschließend beschäftigt. Nicht jedoch mit der Frage der missglückten Ressourcenplanung!
Übertrifft man die Planzahlen, dann freut man sich und einige Schultern werden geklopft. Und die Frage der missglückten Ressourcenplanung? Natürlich ist die Bank schuld daran, die keine Überziehung der Kreditlinie zulässt und man dadurch die enormen Umsatzpotenziale nicht ausschöpfen kann.
Meine Empfehlung: Wenn man schon Planzahlen erstellt, dann ist m. E. die einzig relevante Frage: Wie konnte es passieren, dass wir die Zahl so falsch prognostiziert haben und wie machen wir es künftig besser?
Belohnen Sie Ihren Vertrieb nicht dafür, wenn sie ihre Planzahlen übertreffen. Nicht nur, dass Sie nichts davon haben, Sie liefern darüber hinaus einen Anreiz, dass Ihr Vertrieb grundsätzlich tiefstapelt, um danach gut dazustehen. Belohnen Sie hingegen diejenigen, die am Besten in der Lage waren, den Umsatz zu prognostizieren!
Des Weiteren brauchen Sie “gute” Szenario-Zahlen:
Auf der negativen Seite müssten sie nüchtern kalkulieren, dass der eine oder andere Großkunde abspringt, die Zins- und Währungswetten gegen sie laufen, und ihre Einkaufs- sowie Rohstoffpreis sich ungünstig entwickeln. Ihre Sachversicherung liefert ihnen die statistischen Größen, um Einmalrisiken wie z. B. ein Feuerrisiko beziffern zu können.
Das Ergebnis dieser Rechnung ist ein Minusbetrag. Und das ist der Betrag, den Sie als Eigenkapital benötigen werden.
Die positive Szenario-Zahl benötigen sie in der Tat, um ihren zusätzlichen Personal- und Liquiditätsbedarf bestimmen zu können.
Hierbei scheint die Richtung klar vorgezeichnet: Weg von untauglichen Prognosen, hin zu aussagefähigen Szenario-Prognosen, hin zu einer stochastischen Modellierung mit vielen tausend Szenarien.
Es gibt erfolgreiche KMUs, die hervorragend ohne mfr. oder lfr. Planungen auskommen. Davon handelt Teil 2.
2 Kommentare zu „Sie erstellen Planzahlen? Warum?“
Es mag sein, dass die Prognosen oft von der Glaskugel stammen, aber Szenario-Prognosen entspringen ebenfalls Glaskugeln allerdings mit unterschiedlich gefärbten Gläsern.
Im Grunde sind erfahrene Vertriebler recht gut darin, die Bandbreite mit ihren Kunden zu prognostizieren. Es geht nicht so sehr darum, ob man die Zahl genau trifft, sondern m.E. darum:
Angenommen man prognostiziert einen worst-case Verlust von 1.000 für die nächsten 3 Jahre und man stellt fest, dass die Eigenkapitalausstattung von derzeit 500 nicht ausreicht. So hat man Zeit, sich Gedanken zu machen, wie man möglichst schnell die Risiken reduziert, um mit 500 zurecht zu kommen, oder die Eigenkapitalausstattung erhöht, um sich diese unternehmerischen Risiken zu “leisten”. Ob es nun tatsächlich 1.000 sind oder 1.050, hoffentlich findet man es nie heraus!