Wunschkunden: Welcher Kunde passt zu mir? Profitabilität ist gesichert, wenn man sich von dieser Frage leiten lässt. Stimmt diese gängige Annahme?
„Was wollen Sie mit Ihrem Produkt für Ihren Kunden erreichen?“ Es entspricht dem heutigen Zeitgeist im Marketing, sich mit dieser Frage auseinanderzusetzen. Die Erwartung: Wenn man sich von dieser Frage geleitet mit der eigenen Positionierung auseinandersetzt, findet man die Wunschkunden und die Profitabilität des Unternehmens ist gesichert.
Nun erhöhen wir die Komplexität, indem wir Unternehmen betrachten, die aus Abteilungen und Hierarchien bestehen, die eine Dienstleistung für Unternehmenskunden erbringen.
Auch hier ist es wichtig und richtig, dass sich das anbietende Unternehmen mit Fragen der eigenen Positionierung auseinandersetzt:
- „Wo wollen wir eigentlich hin?“
(= Vision) - „Für wen machen wir was warum?“
(= Mission)
Die Antworten auf diese Fragen wirken letztlich wie ein emotionaler „Leuchtturm“, an dem sich Kunden und Mitarbeiter orientieren können. Das Problem dabei: Der Weg, der typischerweise zur Beantwortung der Fragen gewählt wird, ist m. E. wenig sinnvoll.
Im deutschsprachigen Raum wird die Erarbeitung strategischer Aussagen in der Regel von der gesamten Geschäftsführung gemeinsam bearbeitet. In einigen Unternehmen wird der Kreis der Beteiligten sogar auf die zweite Hierarchieebene ausgedehnt.
Statt eines emotionalen “Leuchtturms” entsteht auf diese Weise ein in Workshops erarbeitetes “Hü-Hott”-Statement. Dieses stellt letztlich eine Kompromisslösung aus den vielen eingeflossenen Ideen dar. Der forsch-kreative Produkttüftler hat dazu ebenso beigetragen wie der vernünftig-vorsichtige Zahlenmensch.
Plakativ und provokativ formuliert, klingt das erarbeitete Leitbild in den Ohren der Mitarbeiter nicht selten wie folgt:
- „Eigentlich wollen wir nach Norden segeln, aber das heißt nicht, dass wir etwas gegen Ziele im Süden, Osten oder Westen hätten. Die sind uns auch willkommen.
Meine Empfehlung an Sie: Es ist richtig und wichtig, sich im Rahmen der Positionierung, der Definition der Wunschkunden und der Profitabilität mit den „Warum“-Fragen zu beschäftigen. Das erleichtert die interne und externe Kommunikation ungemein. Es schärft den Blick für die Prioritäten und für die unternehmerischen Grenzen.
Für die Umsetzung plädiere ich jedoch für das angelsächsische „CEO“-Modell: Eine Person sollte für die Gesamtstrategie verantwortlich sein. Diese Person kann und soll sich natürlich von Kollegen, Mitarbeitern und Experten beraten und inspirieren lassen, um diese Aufgabe zu bewältigen. Letztlich muss sie aber die Strategie allein bestimmen und verantworten.
Wenn Sie mehr über strategische Entscheidungen erfahren möchten und was sie von operativen Entscheidungen unterscheidet, lesen Sie mein eBook „Nachhaltige Entscheidungsprozesse“.
Der Mythos von : Positionierung = Kundenwunsch = Auftrag erfolgreich umgesetzt
Der Auftrag wurde erfolgreich akquiriert. Jetzt geht es darum, eine ordentliche Auftragsklärung durchzuführen. Bei der Schreinerin mit ihrem haptischen Produkt in Teil 1 war das noch relativ einfach, bei einem Dienstleistungsauftrag ist das ungleich komplizierter.
Damit der Auftrag des gewünschten Kunden zum Erfolg führt, also die Profitabilität gesichert ist, muss auch der Kunde seinen Beitrag leisten. Ohne seinen Beitrag steht der Erfolg der Arbeit als Lieferant in den Sternen.
Erschwerend kommt hinzu, dass in der Kundenorganisation in der Regel verschiedene „Stakeholder“ (Anspruchsberechtigte) involviert sind, die sehr unterschiedliche – möglicherweise widersprüchliche – Wünsche und Bedürfnisse haben:
Zentraler Einkauf, Fachbereichsleitung, Fachbereichsmitarbeiter, Geschäftsführung, HR, IT, …
Ich glaube beobachten zu können, dass sich die Unternehmen der Tragweite dieser Problematik nicht immer bewusst sind. Nicht selten kennt man nur einen Ansprechpartner und begnügt sich mit der schriftlichen Festlegung der bestellten Produktmenge und des Preises bzw. des Liefer-/Erstellungstermins.
„Was wollen Sie mit Ihrem Produkt bei Ihren Wunschkunden bewirken?“ Das ist der Schlüsselsatz in der Positionierung, denn diese Wirkung zeigt sich im Außen. Sich in einem derart komplexen Umfeld (allein) für die Wirkung im Außen verantwortlich zu fühlen, führt fast zwangsläufig zu Frustration und mangelnder Profitabilität.
Damit ist das dienstleistende Unternehmen bereits auf verlorenem Posten. Denn dies liegt außerhalb seiner (alleinigen) Kontrolle.
Im Rahmen der eigenen Kontrolle liegt alles, was man im Innen tatsächlich beeinflussen kann. D.h. alles, was die Wahrscheinlichkeit beeinflusst, dass eine erwünschte Wirkung im Außen erreicht wird.
Meine Empfehlung an Sie: Visualisieren Sie gemeinsam mit Ihren Mitarbeitern Ihre Prozesse – so wie sie tatsächlich ablaufen. Bleiben Sie aber nicht dabei stehen, sondern konzentrieren Sie sich zusätzlich auf alle Schnittstellen nach außen: Wer (“außen”) muss an welcher Stelle was in welcher Form leisten, damit der Auftrag erfolgreich abgewickelt werden kann? Das hilft Ihnen, in der Auftragsklärung die entscheidenden Themen anzusprechen.
Der Mythos: Positionierung = Wunschkunden = Profitabilität
„Wahrscheinlichkeit beeinflusst“ ist das Schlüsselwort. Damit haben wir es nicht nur zu tun, wenn wir uns mit der Wirkung im Außen beschäftigen. Das ist auch die relevante Frage, wenn es darum geht, die Profitabilität von Kundenbeziehungen zu beleuchten. Denn die Variablen “Positionierung”, „Wunschkunden“ und „Profitabilität“ korrelieren zwar positiv, aber es besteht keine lineare Kausalität.
Mit anderen Worten: Wenn ich mich positioniere, erhöhe ich die Wahrscheinlichkeit, dass ich mit meinen Wunschkunden zusammenarbeite. Damit erhöhe ich die Wahrscheinlichkeit, dass meine Profitabilität gesichert ist.
Die mit der Positionierung verbundenen “Wunschkunden” sind jedoch nur eine von vielen Variablen, die die Profitabilität des Unternehmens beeinflussen.
Wie kann man die Wahrscheinlichkeit der Profitabilität im Innen und der Kundenzufriedenheit im Außen positiv beeinflussen? Nun, wenn das Unternehmen z. B.
- in der Positionierungsaussage klar kommuniziert, was es mit der eigenen Arbeit erreichen will und damit letztlich Erwartungsmanagement betreibt,
- eine ordentliche Auftragsklärung durchführt und dabei klar kommuniziert, was es vom Kunden benötigt,
- die „Stakeholder“ und deren Bedürfnisse im Kundenunternehmen in Erfahrung bringt und nach Möglichkeit berücksichtigt,
- die eigenen zeitlichen, finanziellen und personellen Ressourcen ordentlich plant und organisiert und damit die zugesagten Termine und Verpflichtungen einhält,
- die eigenen (unternehmerischen) Grenzen kennt, kommuniziert und gegebenenfalls mit einem klaren „Nein“ gegenüber den Kundenwünschen verteidigt,
- die Konsequenzen klar und deutlich kommuniziert, wenn der Kunde vom ursprünglichen Ziel abweicht,
- die Mitarbeiter weiterbildet, ihnen Zeit gibt, das Gelernte zu üben und zu optimieren,
- für Rahmenbedingungen sorgt, in denen die Mitarbeiter auf sich und ihre Gesundheit achten und ausgeruht am Kundenauftrag arbeiten können,
- …
dann erhöht er damit die Wahrscheinlichkeit, dass die erhoffte Wirkung im Außen beim Wunschkunden erzielt werden kann und die Profitabilität im Innen gegeben ist.
Meine Empfehlung an Sie: Es ist wichtig, sich von der buchhalterischen Sichtweise zu lösen und mit kalkulatorischen Kosten die tatsächlichen Zeiteinheiten zu bewerten, die für einzelne Tätigkeiten benötigt werden. So können die Personalkosten verursachungsgerecht den Tätigkeiten im Allgemeinen und den Kunden im Besonderen zugeordnet werden. Dies erleichtert den Erkenntnisgewinn, um interne Abläufe kritisch zu hinterfragen, das Mission Statement zu überprüfen oder Anpassungen in der Produkt- und Preispolitik vorzunehmen.
Damit schließt sich auch der Kreis zu der eingangs aufgestellten These, dass die Positionierung lediglich eine Hypothese darstellt, die erst in der Umsetzung der Geschäftsbeziehung mit vielen Kunden verifiziert werden kann.
Man lernt aus den Erfahrungen, die man bei der Interaktion mit Kundenaufträgen sammelt.
Man lernt etwas über sich selbst und passt gegebenenfalls die Aussage darüber, was man tun kann und will, an.
Und man lernt viel über die Bedürfnisse und Motive der Kunden und muss gegebenenfalls Anpassungen an der eigenen Produktpalette vornehmen.
Abteilungsegoismen überwinden und die Fachkräfte befähigen:
- Professionell zusammenzuarbeiten,
- Produktivitätsvernichter und den eigenen Beitrag dazu
- zu erkennen und eigenständig zu optimieren.
In einem Unternehmen mit Abteilungen und Hierarchien wird dieser gemeinsame Erkenntnisprozess jedoch gerade dadurch erschwert, dass mehrere Wahrheiten gleichzeitig existieren können, so dass jeder Einzelne (berechtigterweise) etwas anderes für wahr und erstrebenswert hält:
- Google zum Beispiel setzt auf Open-Source-Software, Apple auf proprietäre Software. Und beide sind erfolgreich.
- In einem Unternehmen ist das Marketing der „interne Lieferant“ des Vertriebs und unterstützt diesen bei seiner Arbeit. Im anderen Unternehmen ist der Vertrieb ein „Werkzeug“ im Werkzeugkasten des Marketings und wird vom Marketing gesteuert.
Was muss man tun, um zu einer gemeinsamen Lösung zu gelangen, wenn man davon ausgeht, dass mehrere Wahrheiten gleichzeitig existieren?
Meine Empfehlung an Sie: Identifizieren Sie gemeinsam alle signifikanten Variablen, die Einfluss darauf haben, den Auftrag erfolgreich abzuwickeln, den Kunden zu begeistern und dabei ordentliche Gewinne zu schreiben. Bei jeder Variable sorgen Sie anschließend für den Effekt: Oha! So kann man das also auch sehen? Aha! So sehen das also die meisten von uns? Diese Synchronisation der Beteiligten ist aus meiner Sicht zwingend notwendig, damit eine Gemeinschaft ein gemeinsames Ziel definieren und gemeinsam an der Umsetzung arbeiten kann.
Wenn Sie sich selbst ein Bild davon machen wollen, wie so etwas funktioniert, habe ich gerade meine Akademie gestartet, die sich schwerpunktmäßig mit den Themen Mitarbeiterführung & Kommunikation beschäftigt.