Change Management: Es gibt „Change“ und „Evolution“. Was unterscheidet diese beiden und warum ist es hinderlich, wenn man das Falsche intern kommuniziert?
Change Management: Es gibt „Change“ und „Evolution“. Was unterscheidet diese beiden und warum ist es hinderlich, wenn man das Falsche intern kommuniziert?

Sie wollen sich wirklich Change Management antun?

5 Min.

Es gibt zwei Arten von Veränderungsprozessen: „Change Management“ und „Evolutionsmanagement“. Was unterscheidet diese beiden und warum ist es fatal, wenn man das eine meint, aber das andere verbal/nonverbal kommuniziert?

Meine ehemalige Branche, (Investment-)Banking, ist vermutlich ein Eldorado für (Strategie-) Berater. Denn der Chef wechselt öfters und der neue Chef möchte gerne eine eigene Duftmarke setzen. Alles soll deswegen anders werden. Change-Prozesse/ Change Management sind somit gang und gäbe. Ihr Scheitern auch!

Change Management ist ein sehr gut untersuchtes Thema. In empirischen Untersuchungen hat man immer wieder bestimmte Muster festgestellt, in denen ein solcher Prozess typischerweise verläuft.

Ein solches Muster betrifft z. B. die erste Phase nach dem Verkünden eines Change Management-Projektes: Die Betroffenen reagieren mit Schock, gefolgt von Ablehnung. Das lähmt die Firma und ihre Leistungsfähigkeit leidet stark darunter.

Somit mangelt es nicht an Dienstleistern, die bei der Bewältigung dieser Hürden ihre Unterstützung anbieten. Gerne gesehen sind die vielen Nischenanbieter, die eine griffige und zeitlich und finanziell überschaubare Dienstleistung anbieten: Optimierung der Kommunikation, Verhaltenstraining, Fachschulung, Teambildungsmaßnahme, etc.

Daneben gibt es „echte“ Change Management-Experten, die tatsächlich den gesamten Prozess meinen und es nicht lassen können, auf die typischen Prozessschritte aufmerksam zu machen. Ihre „Message“ klingt in der Regel furchtbar spielverderberisch. Das ist vermutlich der Grund, warum sie meist viel zu spät gerufen und viel zu früh wieder abgesetzt werden.

Ob es gefällt oder nicht, die Realität von Change ist leider düster, und sehr viele Prozesse – trotz Change Management – verlaufen im Sande.

Wann hat man es mit “Change Management” zu tun?

Mit Change geht immer die implizite oder explizite Nachricht einher, dass das, was bislang galt, künftig falsch ist. Die aktuelle Situation erfordert einen radikalen Kurswechsel. Das ist z. B. der Fall, wenn ein neuer Anbieter/ein neues Produkt auf dem Markt dafür sorgt, dass das Geschäft einbricht. Oder wenn die Firma die Kosten nicht mehr im Griff hat und die Existenz gefährdet ist.

Hat man es mit einem solchen Fall zu tun, dann hilft kein drum herumreden. Man muss das Kind beim Namen nennen und die absehbaren Reaktionen einplanen.

Es ist doch ganz selbstverständlich und menschlich, dass diese Information bei den betroffenen Mitarbeitern für einen Schock sorgt und auf Ablehnung stößt: Niemand hört gerne, dass das, was er bislang nach bestem Wissen und Gewissen wohl richtig gemacht hat, plötzlich falsch sein soll.

Die Reaktion der Betroffenen darf man daher weder persönlich nehmen noch verurteilen, denn die Betroffenen haben die Erkenntnisse ja noch nicht, die der Initiator bereits hat! Genau das ist mit der herausragenden Bedeutung von „Kommunikation“ im Change Management gemeint:

Es geht um die Frage »wie muss ich die Information transportieren, damit die Betroffenen die aktuelle Bedrohung mit meinen Augen sehen und die Notwendigkeit erkennen?« Und nicht um wöchentliche oberflächliche Durchhalteparolen via E-Mail-Verteiler o. Ä., wie ich sie häufig selbst als Betroffener erhalten habe.

Wann hat man es mit “Evolution” zu tun?

Wenn die obige Voraussetzung nicht gegeben ist, hat man es an sich mit Evolution zu tun: Das Bisherige ist nicht falsch, sondern man sieht Veränderungsmöglichkeiten, um das Bestehende zu optimieren. Hier betrachten wir die Welt aus Sicht von Qualitätsmanagement, KVP, Six Sigma, Kaizen, …
Mit Evolution geht die implizite oder explizite Nachricht einher: »Leute, danke für die gute Arbeit. Wir können es künftig sogar noch besser.«

Wie Sie leicht nachvollziehen können, ist die Offenheit der Betroffenen für diese Nachricht ungleich höher. Daher meine Empfehlung: Bevor Sie mit Change Management loslegen, gehen Sie lieber erst einen Schritt zurück, um zu sehen, ob Evolution nicht doch ausreichen wird. Falls ja, kann man sich eine Menge Frust und Probleme ersparen, die man sonst mit einem Change-Prozess unnötig in Kauf nehmen müsste.

Um zum Einstiegsfall zurückzukommen: Der gut nachvollziehbare Wunsch, »eine eigene Duftmarke zu setzen«, ist gewiss kein ausreichender Grund für einen Change und vermutlich noch nicht einmal ein ausreichender Grund für eine Evolution! Ich würde in diesem Fall eher dazu raten, neues Terrain zu betreten und das etablierte Geschäft außen vor zu lassen.

Wenn man das eine meint, aber das andere kommuniziert

Wenn man als Betroffener eine in Watte gepackte Change Management-Botschaft erhält (z. B. aufgrund falscher Rücksichtnahme oder fehlender Konfliktfähigkeit des Initiators), dann liegt es auf der Hand, dass man keine wirkliche Notwendigkeit sieht, eine radikale Veränderung mitzumachen.

Wenn man hingegen eine Change Management-Botschaft erhält, gleicht man die zur Verfügung gestellten Informationen mit der eigenen Wahrnehmung der Realität ab. Kommt man zum Ergebnis, dass die Botschaft – sogar objektiv validiert – nicht stimmen kann, ist das Projekt absehbar eine Totgeburt. Das ist z. B. dann der Fall, wenn man eigentlich Evolution vorhat, aber (irrtümlicherweise) meint, es könne ja nicht schaden, das Thema als dringlich und brisant zu präsentieren.

Manchmal ist es noch nicht einmal Absicht, sondern lediglich eine unglückliche Kommunikation: Die mit dem Projekt betrauten Personen möchten für ihr Projekt werben und da ist die Versuchung sehr groß, dass sie dafür das Bestehende schlechter reden, als es faktisch der Fall ist. Die ungewollte Botschaft lautet plötzlich: »Was Ihr macht ist falsch, wir Projektverantwortliche wissen es besser und wir machen es künftig richtig.«

Manchmal meint man mit Change etwas ganz Konkretes, das man – warum auch immer – nicht beim Namen nennt. Das ist beispielsweise der Fall, wenn man eigentlich das egoistische Gebaren eines einzelnen mächtigen Managers bemängelt, der die aktuellen Probleme verursacht. Aber anstatt sich mit ihm auseinanderzusetzen, nimmt man die ganze Abteilung/Einheit/Firma mit einem Change-Projekt in Sippenhaft, in der Hoffnung, dass man damit auch das eigentliche Problem löst.

Erkennen Sie in obigen Ausführungen die aktuelle Situation in Ihrer Firma wieder? Dann lassen Sie uns darüber reden.


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Kommentare

3 Kommentare zu „Sie wollen sich wirklich Change Management antun?“

  1. Oft erlebe ich, dass Mitarbeiter ihren Arbeitsplatz als eine Art persönliches “Wohnzimmer” ansehen. Jeder Veränderung -ganz gleich wie unbedeutend sie auch sein mag- stößt erstmal auf Ablehnung, als ob jemand ohne ihre Zustimmung das Möbliar dieses Wohnzimmers umgestellt hätte.
    Selbst das Umziehen einer Person von einem in einem anderen Zimmer wird als eine Verschlechterung manchmal sogar als eine Verschwörung angesehen, auch wenn es weder um Change noch um Evolution handelt. Selbst wenn es sich schlicht und einfach damit zu begründen ist, dass neueingestellte Mitarbeiter nun irgendwo sitzen müssten und daher der Zimmerwechsel unumgänglich wird.

    1. Da haben Sie recht! Das ist ein sehr vielschichtiges Thema für sich. Es gibt keine Patentlösung dafür, aber einige brauchbare Ansätze. Ein solcher Ansatz wäre, nicht die Lösung vorzugeben, sondern den Sinn und das Ziel besser zu erklären, warum man eine Änderung benötigt, um anschließend die Mitarbeiter selbst zu bitten, Lösungsvorschläge dafür zu unterbreiten. Der Beitrag “Die Macht der Gewohnheiten” geht auf diese Thematik ein. Ich füge den Link unterhalb des Beitrages ein.

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