Ein leitender Angestellter hat mindestens zwei berufliche Rollen inne. Darunter die Rolle „Manager”. Hat er Zeit hierfür und besitzt er die notwendigen Fähigkeiten?
Ein Mitarbeiter in leitender Position nimmt in der Regel – eher unbewusst als bewusst – drei berufliche Rollen wahr:
1. Rolle »Fachkraft«
2. Rolle »Manager«
3. Rolle »Führungskraft«
Die Rolle Fachkraft
Ob man Kunden betreut, ein neues Produkt entwirft oder die Bilanzen erstellt, ich verwende hier den Begriff Fachkraft vereinfachend für »alle Personen und ihre Tätigkeiten, die einen operativen Beitrag zur Unternehmensmission leisten«.
Ganz gleich wie wertig der Beitrag auch sein mag!
Die Rolle Manager
Hier verwende ich den Begriff “Manager” zur Beschreibung der Rolle, die dafür sorgt, dass »das Miteinander gut und schlank organisiert ist und reibungslos verläuft«.
Ferner sorgt sie dafür, dass keine Abhängigkeiten von Einzelpersonen existieren und neue Mitarbeiter schnell eingearbeitet werden.
Für die Manager-Rolle bleibt meistens keine Zeit
Bereits an dieser Stelle möchte ich auf eine systemimmanente Unstimmigkeit hinweisen:
Ein leitender Angestellter ist meiner Erfahrung nach in den meisten Unternehmen immer noch in erster Linie eine Fachkraft.
Ein Abteilungsleiter im Vertrieb beispielsweise kümmert sich häufig um die wichtigsten Kunden und ist womöglich sogar der beste Verkäufer. Der letztgenannte Umstand ist vermutlich auch der Grund, warum er Abteilungsleiter wurde und nicht, weil er zuvor bewiesen hatte, dass er gut managen kann.
Was die Vermeidung von Abhängigkeiten betrifft, besteht manchmal eine Flaschenhalssituation in der Person des Abteilungsleiters selbst. Nach dieser Definition hätten wir es also genau genommen mit einem Versagen in seiner Manager-Rolle zutun!
Denn aufgrund der vielen Arbeit als Fachkraft bleibt für die Manager-Rolle kaum Zeit. Sie wird (bestenfalls) “nach oben” weitergereicht oder an andere Abteilungen outgesourct. Meist bleibt sie jedoch vakant:
»Ich weiß, Sie hatten schon länger den Urlaub eingetragen, aber ich kann Sie dennoch nicht gehen lassen, denn wir haben derzeit sehr viel zu tun!«
Diesen Satz würden Sie von einem erfahrenen “Projektmanager” nur sehr selten zu hören bekommen! Und das ist die Überleitung zu der nächsten Frage:
Kann ein Leiter überhaupt “managen”?
Die Tatsache, dass die Anforderungen an die Rolle Fachkraft die meiste Zeit in Anspruch nehmen, ist das eine Thema. Aber unabhängig vom Faktor “Zeit”, wie verhält es sich mit den Faktoren “Können” und “Wollen”?
Was das Beherrschen von Manager-Fähigkeiten betrifft, sollte man sich vor Augen führen, dass das Thema “Management von Abläufen und Ressourcen” so groß und komplex ist, dass viele unterschiedliche Disziplinen sich auf Teilaspekte spezialisiert haben und der Meinung sind, dass sie viele Jahre lernen und üben sollten, bis sie sie beherrschen:
Wir haben die “Projektmanager”, wir haben die “Qualitätsmanager”, wir haben die “Controller” und, last, not least, haben wir auch die “Change Manager”.
Im Falle der Beförderung zu einem Abteilungsleiter haben wir es jedoch mit einer anderen Logik zutun: Erst lernen, dann üben, um anschließend die Verantwortung zu übernehmen? Alles überflüssig. Das Wissen und die Praxiserfahrung gehen wohl magisch-automatisch mit der Übergabe der Visitenkarte, die die Bezeichnung “Leiter …” trägt, auf den Stelleninhaber über.
Unser bester Verkäufer oben ist von jetzt auf gleich mit diesen neuen Herausforderungen auf sich selbst gestellt und wird nur sehr selten auf Fortbildungen auf diesem Gebiet hoffen können.
Er hat zunächst ein Paar Mitarbeiter, da er ja keine “Management”-Erfahrung hat. Nach einigen Jahren gilt er als ein erfahrener Manager (obwohl er es immer noch nicht gelernt hat) und hat nun die Verantwortung für zig Mitarbeiter, die auf verschiedenen Regionen verteilt sind. Und irgendwann leitet er ein Dax-Konzern und hat immer noch keine Zeit gehabt, das Lernen und Üben nachzuholen.
Muss er dann ja auch nicht mehr, denn er hat ja viele Bereichs- und Abteilungsleiter unter sich, die bekanntlich managen können, nicht wahr?
Will ein Leiter überhaupt managen?
Es gibt natürlich auch Naturtalente, die ohne Fachausbildung intuitiv das Richtige machen und gut managen können. Das ist der Übergang zum Thema “Wollen”. Denn was das betrifft, kann man große Unterschiede beobachten. Es gibt Menschen, die einfach viel Spaß daran haben, zu organisieren und zu managen.
Sie werden auch im privaten Umfeld viele Gelegenheiten freiwillig wahrnehmen, um zu üben: Sie organisieren selbst ihre Hochzeit oder ihre Individualreise. Ganz zu schweigen von den vielen Müttern im Allgemeinen bzw. alleinerziehenden Müttern im Besonderen: Manch ein Projekt Manager bekäme feuchte Augen, was diese täglich für Projekt Management-Fertigkeiten auf höchstem Niveau an den Tag legen.
Fehlt das Wollen, nützt auch die beste Fortbildung nichts. Haben Sie einen Profi-Verkäufer, der überhaupt keinen Spaß daran hat, sich mit Urlaubszetteln & Co. auseinanderzusetzen, und Sie befördern ihn trotzdem zum Abteilungsleiter, dann machen Sie vermutlich aus einem hervorragenden Verkäufer zwangsläufig einen schlechten und frustrierten Manager.
Soweit die ernüchternde Beobachtung, aber was ist die Alternative? Diese erkläre ich Ihnen gerne im nächsten Beitrag. Denn zuvor möchte ich noch die dritte Rolle “Führungskraft” beleuchten: Was macht eine “Führungskraft” den ganzen Tag?
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1 Kommentar zu „Was macht ein Manager den ganzen Tag?“
Gut zu wissen, welche Rolle ein Manager hat. Ich denke, es ist wichtig, eine Trainerrolle zu haben. Ein Team zu führen ist die größte Aufgabe.