Neuromarketing: Neurowissenschaftliche Erkenntnisse der Gehirnforschung über die Steuerung unseres Konsumverhaltens.
Im Laufe unseres Lebens verändert sich unser Gehirn und somit auch unsere Fähigkeit zu lernen und zu denken. Diese Veränderungsprozesse haben Auswirkungen auf viele Bereiche unseres Lebens. Bezogen auf unser Thema Kaufentscheidungen sind vor allem Veränderungen in unseren Emotions- und Motivationssystemen wichtig, denn sie haben einen erheblichen Einfluss auf unser Konsumverhalten.
Wer also mit Werbung und Marketing erfolgreich sein möchte, sollte sich das Gehirn genauer anschauen und berücksichtigen, was sich im Laufe des Lebens dort abspielt.
Wie sich mit dem Alter das Kaufverhalten ändert
In der Altersklasse der 8 – 13jährigen sind Kaufentscheidungen sehr unkritisch, impulsiv und ungeduldig. Alles muss sofort und gleich geschehen.
Bei den 14 – 20jährigen ist festzustellen, dass Jugendliche besonders autonom und individuell sein wollen. Gegenüber Eltern und Erwachsene grenzt man sich durch eigene Konsum- und Modestile deutlich ab.
Marken haben in dieser Phase eine doppelte Bedeutung:
Einerseits sind sie Symbole und Zeichen der Zugehörigkeit zu einer Gruppe. Gleichzeitig grenzen sie aber auch von anderen Gruppen ab.
In der Lebensphase der 20 – 30jährigen ist die Konzentration an Dopamin und Testosteron bzw. Östrogen noch sehr hoch. Mit anderen Worten: das Stimulanzsystem (Dopamin) und auch das Dominanzsystem (Testosteron) haben erheblichen Einfluss auf das Verhalten und somit auch auf Kaufentscheidungen. Besonders attraktiv sind in dieser Phase Produkte mit einem hohen Neuigkeits- und Innovationswert wie z. B. Mode, Schmuck, Autos oder Erlebnisurlaub.
Das Alter zwischen 30 und 40 Jahren ist für viele Menschen die Phase der Familiengründung. In dieser Phase verändert sich aber nicht nur der Hormon-Mix bei Frauen, auch bei Männern kommt es in dieser Phase zu hormonellen Veränderungen.
Sowohl bei Frauen als auch bei Männern steigt die Bereitschaft zum Kauf von Familienprodukten an. Der Sportwagen wird gegen den Kombi eingetauscht. Statt das Geld für teure Mode oder Kosmetik auszugeben.
Ausbildungs- und Lebensversicherungen werden abgeschlossen, und der Wunsch nach den eigenen vier Wänden tritt in den Vordergrund und verdrängt den Urlaub auf den Malediven.
Bei den 40 – 50jährigen sind Wünsche und Ziele zwar noch in großer Zahl vorhanden, aber das Protzige und Übertriebene verliert langsam seinen Reiz. Stattdessen achtet man mehr auf Qualität und, wenn man es sich leisten kann, auf Luxus und Stil.
50 – 60jährige sind zwar noch offen für die Welt und interessieren sich für viele Dinge, doch die Risikobereitschaft nimmt immer mehr ab. Die neueste Mode oder der neueste Computer verlieren an Bedeutung. Stattdessen rücken Themen wie Wellness, Haus und Garten in den Vordergrund. Der Testosteron- und Dopaminspiegel sinkt weiter, während der Cortisolspiegel weiterhin steigt, was sich darin bemerkbar macht, dass man die Dinge ruhiger und langsamer angehen lässt.
Mit 60plus werden Testosteron und Dopamin weiter abgebaut, während das Stress- und Angsthormon Cortisol stark zunimmt. Aber auch der Botenstoff Serotonin, der u. a. für eine innere Gelassenheit sorgt, wird schneller abgebaut, wodurch ältere Menschen empfindlicher auf Störungen im Alltag reagieren.
Und auch der Botenstoff Acethylcholin, der bei Lernprozessen eine große Bedeutung hat, nimmt ab, und die Geschwindigkeit der Informationsverarbeitung wird reduziert.
Die Wunschvorstellung, dass diese Generation ihr Geld in Hülle und Fülle in Einkaufsstraßen und Luxusgeschäften ausgibt, dürfte für Industrie und Handel eine Fiktion bleiben.
Frauen kaufen anders als Männer
Unser Kaufverhalten wird aber nicht nur durch das Alter bestimmt und beeinflusst. Ein weiterer sehr wichtiger Aspekt ist, dass Frauen anders kaufen als Männer.
Wie inzwischen viele Befunde bestätigen, bestehen die Unterschiede neben der genetischen Veranlagung, den erzieherischen und kulturellen Einflussfaktoren vor allem in biochemischen und strukturellen Ausprägungen des Gehirns.
Bei der Entwicklung des Gehirns wirkt die hohe Testosteronkonzentration bei Männern besonders auf die linke Gehirnhälfte und reduziert dort Verbindungen zwischen den Nervenzellen.
Um diese Ausfälle zu kompensieren, wächst die rechte Gehirnhälfte bei Männern etwas stärker. Bei Männern ist die linke Gehirnhälfte etwas dünner und die rechte etwas stärker. Die Konsequenz daraus ist, dass Männer in der Regel eine völlig andere Denkstruktur als Frauen haben. Männer denken eindimensionaler und versuchen die Welt zu vereinfachen, zu systematisieren und zu ordnen.
Testosteron führt bei Männern auch zu einer stärkeren Dominanz und Kontrolle, während bei Frauen das Hormon Östrogen mehr für Fürsorge und Bindung sorgt.
Wer im Marketing und der Werbung sowohl Männer als auch Frauen erreichen will, sollte sich vom Unisex-Marketing verabschieden und die Tatsache akzeptieren, dass es zwischen Männern und Frauen sehr viele Unterschiede gibt.
Wie Formen, Sprache, Geruch und Musik unser Kaufverhalten beeinflussen
Auch Formen, Sprache, Geruch und Musik spielen bei Kaufentscheidungen eine große Rolle.
Das weibliche Hormon Östrogen sorgt für mehr Weichheit und Sanftheit im Fühlen und Denken. Frauen mögen daher eher weiche und runde Formen, während Männer mehr geradlinige Formen bevorzugen.
In den letzten Jahren haben immer mehr Unternehmen erkannt, wie wichtig die Formgebung ist und dass die Art, Dinge wahrzunehmen, eben sehr stark von Hormonen und Botenstoffen beeinflusst ist.
Nicht nur die Form spielt bei einem Produkt eine wichtige Rolle, sondern auch die Sprache. Schließen Sie einmal die Augen und denken Sie dabei an die Worte “Bulima” und “Krasette”. Und jetzt versuchen Sie bitte, diesen beiden Begriffen eine Form zuzuordnen. Sicher werden Sie dem Begriff “Bulima” eher eine runde und weiche Form zuordnen, während Sie dem Begriff “Krasette” eher eine kantige und geradlinige Form geben werden.
Auch die Nase hat ein entscheidendes Wörtchen mitzureden, wenn es um Kaufentscheidungen geht. Eine Bäckerei z. B. konnte den Umsatz um 30% steigern, indem sie frischen Brotgeruch mit Hilfe eines Ventilators auf die Straße blies.
Inzwischen gibt es sogar Firmen, die sich auf Geruchsdesign spezialisiert haben und eine Palette von rund 30.000 Duftnoten anbieten.
Das Ziel der Geruchsmanager ist dabei, den Kunden möglichst lange im Geschäft zu halten, denn je länger ein Kunde dort verweilt, desto mehr kauft er auch.
Und selbst Musik nimmt auf unsere Kaufentscheidungen Einfluss und kann, wenn sie richtig eingesetzt wird, zu einer Steigerung des Verkaufserfolges beitragen.
Schnelle Musik führt z. B. zu einer Beschleunigung der Bewegung. Der Kunde verlässt das Geschäft früher. Langsame Musik hingegen erhöht die Verweildauer.
Und auch der Stil der Musik ist entscheidend. So bewirkt z. B. getragene klassische Musik, dass Kunden das Geschäft um ca. 5 – 10% teurer erleben, als wenn keine Musik gespielt wird.
Wir sehen also, dass unser Konsumverhalten von sehr vielen Faktoren abhängig ist und maßgeblich durch die Funktions- und Arbeitsweise unseres Gehirns gesteuert wird.
Es wird daher in Zukunft sehr wichtig sein, bei der Entwicklung und der Vermarktung von Produkten und Dienstleistungen die Erkenntnisse der Gehirnforschung zu berücksichtigen.
Quelle Bilder & Text: AFNB – Akademie für neurowissenschaftliches Bildungsmanagement
1 Kommentar zu „Gehirnforschung: Neuromarketing (Teil 2)“
Sehr interessanter Beitrag. Grade im Bereich des Online Marketings können die Erkenntnisse des Neuromarketings den Erfolg der Marketingmaßnahmen deutlich steigern. Ich habe hierzu ein paar praktische Anwendungsmöglichkeiten in meinem Blog aufgezeigt. Vielleicht helfen diese euch ja ein wenig weiter: