Apropos Persönlichkeits- und Mitarbeiterentwicklung, sind Stärken auch wirklich Stärken? Wie gehen Sie mit Schwächen um? Und wie entstehen gute Führungskräfte?
Stärken, Schwächen, Potenziale, … , sind die üblichen Stichworte, um die es sich nach der Auswertung eines Persönlichkeitstests handelt. Was sie aussagen, ist jedoch Ansichtssache!
Hierfür ein Beispiel aus eigener Erfahrung: Viele Jahre lang konnte ich mit absoluter Sicherheit von mir selbst behaupten: »Meine Stärke ist, dass ich konfliktfähig bin, mich durchsetzen kann und gerne neue Herausforderungen annehme«. Und in jeder Beurteilung wurden diese Stärken von meinen Vorgesetzten bestätigt.
Mitarbeiterentwicklung: Sind Stärken auch wirklich “Stärken”?
Bis mir ein Licht aufging, nämlich dass es auch das “Schlechte im Guten” gibt: Ich beschrieb damit gleichzeitig auch mein Fallenverhalten: Ich handelte letztlich fremdbestimmt, denn ich habe jede Herausforderung, die man mir angedient hat, angenommen, ganz gleich, ob sie einen Sinn ergeben hat oder nicht. Hauptsache meine Identität blieb gültig. Denn wir Menschen hassen den Gedanken, dass wir uns in uns selbst getäuscht haben könnten!
Heute spreche ich nur noch selten und ungern von “Stärken”, sondern viel lieber von Fertigkeiten und Fähigkeiten, denn sie implizieren die dazugehörige Wahlfreiheit! Nach wie vor besitze ich alle oben beschriebenen Fähigkeiten und kann sie jederzeit anwenden. Ob ich das aber will, steht in der Zwischenzeit auf einem ganz anderen Blatt.
Und wie könnten Sie im Gegenzug Schwächen beschreiben? Lesen Sie die folgende Beschreibung und lassen Sie bitte den Unterschied auf sich wirken:
Schwächen sind schwach ausgeprägte Fähigkeiten und Fertigkeiten, die Sie sich deswegen noch nicht ausreichend angeeignet haben, da Ihnen hierfür bis dato die innere oder äußere Motivation fehlte.
Sofern Sie dieser Logik folgen wollen, wie sollten Sie also mit Schwächen – eigenen oder denen der Mitarbeiter – umgehen? Sollten Sie in Sachen Mitarbeiterentwicklung primär durch Schulung oder Training diese behandeln oder sollten Sie primär nach einer Möglichkeit suchen, eine attraktive Motivation zu schaffen?!
Vorgegebene Ziele im Einklang mit den Bedürfnissen des Mitarbeiters
Das hören und lesen Sie sicher oft im Zusammenhang mit Mitarbeitermotivation und Mitarbeiterentwicklung. Im Grunde stimmt das ja auch, aber der Teufel steckt im Detail. Nicht selten nämlich ist der Weg zur Bedürfniserfüllung nur über einen Umweg möglich:
Wenn Sie beispielsweise ein ausgeprägtes Bedürfnis nach Anerkennung haben, dann ist Ihre Aufmerksamkeit nach außen gerichtet: Sie tut was und fragen sich dabei: “Wie kam das an?” Oder sogar: “Was soll ich tun, damit das gut ankommt?”
Was passiert, wenn die Anerkennung ausbleibt? Sie strengen sich immer mehr an und machen womöglich Ihr Gegenüber darauf aufmerksam, dafür Lob und Anerkennung auszusprechen. Sie erreichen damit meist das Gegenteil. Ihr Gegenüber, z. B. Vorgesetzter, ist genervt von dieser fordernden Haltung und wird womöglich aktiv nach Fehlern suchen.
Um nachhaltige Anerkennung von außen zu erreichen, ist es paradoxerweise häufig ratsamer, das Außen auszublenden und sich auf sich und die Erbringung einer guten Leistung zu konzentrieren. Dieser Umweg bringt meist schneller die gewünschte Anerkennung von außen.
Am Rande erwähnt, in die gleiche Falle tappen auch Unternehmen, denen es um Anerkennung geht: Bleibt die Anerkennung beispielsweise in Form von Kundenloyalität aus, fangen sie an, noch lauter über Werbung und Kundenveranstaltungen zu trommeln, anstatt sich darauf zu konzentrieren, künftig eine hohe Qualität der zu erbringenden Dienstleistung bzw. des Produktes zu gewährleisten.
Da jeder von uns in eigener Sache betriebsblind ist, benötigen wir für diese Reflexion meist die Hilfe von außen. Ihr Mitarbeiter beispielsweise von Ihnen als Chef!
Rolle der Führungskraft im Zusammenhang mit Mitarbeiterentwicklung
Das führt uns zurück zum Thema Mitarbeiterentwicklung und die Rolle der Führungskraft dabei: Für meine oben beschriebene persönliche Entwicklung wäre es seinerzeit förderlich gewesen, mehr zu hinterfragen und zu reflektieren, anstatt mich blind auf Herausforderungen zu stürzen. Für diesen Weg fehlte aber die innere Motivation, da es für mich damals nicht attraktiv genug klang.
Also wäre es sinnvoll gewesen, frühzeitig von einem Vorgesetzten für das Schlechte im Guten sensibilisiert zu werden und motiviert zu werden, mir alternative Vorgehensweisen anzueignen. Stattdessen aber wurde ich von dem jeweiligen Vorgesetzten angespornt, noch mehr vom “Guten” zu machen: Denn auf mein Verhalten war Verlass und das war den Zielen des Vorgesetzten dienlich: Dort! Geh’! Beiß’!
Genau darin liegt m. E. das Dilemma der Unternehmen im Umgang mit Mitarbeitern:
- Auf der einen Seite möchte das Unternehmen, dass Fachkräfte im Rahmen der ihnen zugewiesenen Position bestmöglich funktionieren: Schuster, bleib bei deinem Leisten und mache mehr von dem was funktioniert.
- Auf der anderen Seite möchte das Unternehmen aber vielseitige und entwickelte Persönlichkeiten als Führungskräfte, die den Mitarbeitern als Vorbild dienen und diese motivieren und führen.
Der Begriff Persönlichkeits-Entwicklung suggeriert ja bereits, dass das nicht von heute auf morgen geht. Es handelt sich ja nicht um einen Wechsel des Aggregatzustandes und Sie werden nicht automatisch eine Führungskraft (geschweige denn eine Führungspersönlichkeit), nur weil Sie neue Visitenkarten mit einem neuen Titel “Leiter …” darauf erhalten haben.
Wie wird dieses Dilemma in der Praxis gelöst? Davon handelt der 3. Teil
2 Kommentare zu „Persönlichkeitsentwicklung und Mitarbeiterentwicklung“
Vielen Dank für den guten Input. Wirklich ein super Text! :)
Guter Artikel- spricht mich sehr an! Probiere ich definitiv aus!