Inter­dis­zi­pli­na­rität: Miteinander für eine nachhaltige Zukunftsgestaltung. Dafür brauchen wir eine Hand­lungs­kom­petenz, die in der Gegenwart wurzelt
Inter­dis­zi­pli­na­rität: Miteinander für eine nachhaltige Zukunftsgestaltung. Dafür brauchen wir eine Hand­lungs­kom­petenz, die in der Gegenwart wurzelt

Inter­dis­zi­pli­na­rität braucht Handlungskompetenz, die in der Gegenwart wurzelt

4 Min.

Interdisziplinarität: Miteinander für eine nachhaltige Zukunftsgestaltung. Dafür brauchen wir eine Handlungskompetenz, die in der Gegenwart wurzelt.

Autor: Teymur Schafi-Neya

Die westlichen Industrieländer sind bekanntlich sehr vom Verstand her geprägt. Das ist gut so. Hat aber auch seine Grenzen. Wir haben individuell und als Gemeinschaft sehr viel Erfahrungen gemacht und auch viel Wissen angesammelt über diese Welt und den Kosmos. Auf der Ebene des Verstandes sind wir von einem “alles verstehen wollen” getrieben und meist, sowohl in unserer Körperlichkeit als auch geistigen Haltung, nach außen gerichtet. Die Welt um uns herum nehmen wir sinnlich wahr und glauben erst einmal nur das, was sich auch auf der Ebene des Denkens beweisen lässt.

Das Erforschen dieser Welt hat die unterschiedlichsten Einzelwissenschaften hervorgebracht, mit jeweils eigenen Methoden zur Beantwortung von Fragestellungen. Alles was der Verstand weiß, basiert letztlich auf (äußere) Beobachtung, Erfahrung und Denken. Der Verstand analysiert das Beobachtete, wertet die gemachten Erfahrungen aus und kommt somit zu speziellem Wissen. Speziell, da es das Resultat einer Analyse ist. Es ist auch wertvoll, denn daraus entwickelt sich technischer, technologischer und sozialer Fortschritt. Einzelwissenschaften sind das arbeitsteilige Ergebnis der Forschung.

Das führt zur Spezialisierung in die unterschiedlichsten Bereiche wie etwa Natur-, Geistes-, Sozial-, Humanwissenschaften usw. Im Extremfall kommt es hier zum sogenannten Elfenbeinturm-Effekt. Der Intellektuelle begibt sich in einen geistigen Ort der Abgeschiedenheit und hat sich schlimmstenfalls soweit von der Realität entfernt, dass ihm die Konsequenzen seiner Ergebnisse für die Welt und die Gemeinschaft gleichgültig sind. Die rein auf Verstandesebene basierende wissenschaftliche Forschung oder auch wertende Betrachtung versucht die Wirklichkeit analytisch zu reflektieren und die Vielschichtigkeit und Komplexität der Umwelt zu verstehen. Hierbei stößt der Verstand regelmäßig an seine Grenzen.

An dieser Stelle soll hinterfragt werden, ob diese eingeschränkte Betrachtungsfähigkeit nicht eine Wesensart des Verstandes selbst ist. Eine Betrachtung auf Verstandesebene ist keine neutrale ganzheitliche Beobachtung. Sie basiert auf eigenen Erfahrungen und persönlichen Überzeugungen eines Funktionierens dieser Welt. Damit relativiert sich auch die Erkenntnisfähigkeit auf dieser Ebene eben nur zu möglicher Erfahrung und speziellem Wissen. Diesem liegt das Denken zugrunde, und wir begrenzen uns damit auf (äußere) Beobachtung, Erfahrung und den Schlussfolgerungen, die unser Wissen ausmachen. Es reduziert sich eben nur auf das Beweisbare, dass wir als wahr annehmen.

Alles andere, was wir nicht verstehen, so auch Gefühle oder Intuitionen, werden oft in die Ecke der Wunder, des Zufalls, des Metaphysischen oder des Aberglaubens gestellt. Können wir es uns erlauben, die Dinge so einfach zu betrachten, vor dem Hintergrund und angesichts der gesellschaftlichen, technologischen und globalen Herausforderungen, deren Lösungen entscheidend dafür sind, ob wir uns weiterhin in einer Welt der Zerstörung bewegen oder in ein globales Miteinander, in dem gemeinschaftlich zum höchstmöglichen Wohle aller entschieden und agiert wird und eine Welt des Friedens sowie eine Umwelt der Nachhaltigkeit eine Chance bekommen?

Übersteigerte Selbstsucht hat immer die Selbstzerstörung zur Folge. Das hat die Geschichte und das Leben immer wieder gezeigt. Wir haben so viel verstanden und sollten endlich einsehen, dass es auch etwas zu begreifen gibt, wenn wir den Herausforderungen, die auf uns warten, gerecht werden wollen. In der Interdisziplinarität reicht es nicht aus, Erfahrungen und Wissen der unterschiedlichen Fachbereiche und Personen nebeneinanderzustellen und einfach nur auszutauschen, um gemeinsame Lösungsansätze zu entwickeln und umzusetzen.

Es braucht einen Paradigmenwechsel, um Interdisziplinarität zu Leben zu erwecken. Eine reine Betrachtung der Welt auf der Ebene des Verstandes ist hierbei zu wenig. Der Verstand ist ein Werkzeug der Betrachtung und Analyse der äußeren Welt. Es braucht aber eine ganzheitliche Sicht- und Handlungsweise, wenn wir für uns und gemeinsam den nationalen und globalen Herausforderungen gerecht werden wollen. Hierzu ist Kritikfähigkeit erforderlich, und zwar auf sich selbst bezogen. Selbstkritisch zu sein öffnet das Tor zur Selbstbeobachtung. Eine solche Betrachtung ist eine neutrale ganzheitliche Beobachtung aus der inneren Welt heraus.

Wir haben die Ebene des begrenzten Verstandes verlassen. Es ist die Welt in uns, die sich nicht über das Denken erschließt, sondern über Gewahrsein. Diese Ebene verbindet und wir kommen in uns und gemeinsam in eine Erkenntnisfähigkeit, deren Betrachtung jenseits der Analytik liegt und uns die Gesamtzusammenhänge intuitiv aufzeigt. Es ist der Impuls aus diesem Gewahrsein heraus, der uns sagt, was wahrhaftig ist und was zu tun ist, um wieder in den Einklang mit dem Leben zu kommen.

Das hat die Natur so eingerichtet. Über Achtsamkeit kommen wir zu einer Handlungskompetenz, die in der Gegenwart wurzelt, die uns Interdisziplinarität und damit gemeinsam die Möglichkeit gibt, alle auf Verstandesebene hausgemachte Probleme aufzulösen und uns nicht weiter in einer vorherrschend selbstsüchtigen Welt von Oberflächlichkeit, Lügen und Ängsten zu verstricken. Gewahrsein belohnt uns mit Wahrhaftigkeit und möglicher Weisheit.

Wenn wir beständig bemühend von dieser Ebene heraus denken und agieren, dann haben die natürliche Umwelt sowie eine Gemeinschaft, die nachhaltig von Gerechtigkeit und Friedfertigkeit getragen ist, wieder eine Chance.

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