Was sind die Gemeinsamkeiten von “Deutschland sucht den Superstar” (DSDS) und das “Literarische Quartett” und was hat das mit dem Thema Personalauswahl zu tun?
Was haben DSDS und Das Literarische Quartett gemeinsam? Wenn man das Thema oberflächlich betrachtet, haben sie wohl nichts gemeinsam:
Das Zugpferd der Sendung “Deutschland sucht den Superstar” (DSDS) ist Dieter Bohlen. Er verwendet eine einfache Sprache. Es geht um Gesangskandidaten, die eine Abkürzung zu Geld und Ruhm suchen und das typische Publikum ist eher jünger.
Das Zugpferd des “Literarischen Quartetts” war Marcel Reich-Ranicki († 18.09.2013). Er galt als ein Intellektueller und konnte sich gewählt ausdrücken. Es ging um Autoren und deren literarische Werke. Das typische Publikum war sicherlich überdurchschnittlich gebildet und eher älter.
Wenn man jedoch auf die “Haltung” dahinter blickt, kann man durchaus zum Ergebnis kommen, dass beide Sendungen mehr Gemeinsamkeiten haben, als es ihren Zuschauern bewusst (und lieb) wäre:
In beiden Fällen steht eigentlich ein Sachthema im Vordergrund: Es gilt, das Können des Kandidaten zu thematisieren. Beide Sendungen sind als Kult um die Hauptperson herum organisiert. Beide Personen verwende(te)n in ihrer Rolle (als Privatperson mögen sie ganz anders sein) das “Sprücheklopfen” als ihre primäre Methode. In ihrer Rolle scheu(t)en sich beide nicht, den Kandidaten persönlich vorzuführen, und sie appellier(t)en somit an die weniger ehrenwerten Instinkte des Zuschauers, wie beispielsweise das Gefühl von Schadenfreude.
Ja, wir Menschen bleiben gerne an der Oberfläche hängen. Ist die Verpackung beispielsweise intellektuell oder gebildet, dann vermuten wir automatisch etwas Anspruchsvolles und Tiefgründiges dahinter.
Personalauswahl: Wo finden Sie das, was Sie suchen?
Auch im Berufsleben begegnet einem dieses Phänomen erwartungsgemäß recht häufig. Beispielsweise beim Thema Personalauswahl. Versuchen Sie sich selbst dabei zu “erwischen”, wenn Sie das nächste Mal automatisch von der Oberfläche auf das vermeintliche Versprechen dahinter rückschließen. Wenn Sie sich dessen bewusst werden, versuchen Sie herauszufinden, ob diese Kausalität in diesem konkreten Fall wirklich gegeben ist.
Nachfolgend erhalten Sie zwei Beispiele zur Verdeutlichung:
Die Firma sucht in der Stellenanzeige einen “Akademiker”
Freiwillige Überstunden eines Mitarbeiters werden gern gesehen und er gilt infolge als förderwürdig
Zu 1) was die Firma sich möglicherweise davon verspricht: Der Kandidat verfügt über ein gutes und umfassendes Fach-/Grundlagenwissen.
Wenn es also um das Wissen geht, wäre es nicht ratsam, genau das zu beleuchten, nämlich ob der Kandidat tatsächlich über ein umfassendes Fach-/Grundlagenwissen verfügt? Denn der Akademiker mag damals nur für das Bestehen der Prüfungen gelernt und das Wissen nicht in das Langzeitgedächtnis übernommen haben. Sein Fachwissen mag in der schnelllebigen heutigen Zeit bereits veraltet sein. Er mag nach seinem Studium selten noch ein Fachbuch in die Hand genommen haben. Und auf der anderen Seite mag ein Nicht-Akademiker sich kontinuierlich fortbilden und viele Fachbücher lesen.
Die dazugehörige spannende Frage wäre also: Wie kann ich im Interviewprozess das umfassende Fach-/Grundlagenwissen hinterfragen? Schriftlicher Test? Fach-Interviews? …
Zu 2) was der Arbeitgeber möglicherweise mit der Beobachtung positiv verbindet: Der Mitarbeiter setzt sich für die Firma ein. Was aber möglicherweise wirklich passiert: Ein Mitarbeiter, der die Arbeit, für die andere 8 Stunden bräuchten, auf 10 Stunden “streckt”, um mit seinen Überstunden positiv aufzufallen! Anders gefragt: Ist ein Mitarbeiter, der die gleiche Tätigkeit in nur 6 Stunden schafft, nicht der förderwürdigere Mitarbeiter?
Geht es dem Arbeitgeber tatsächlich um die Haltung des Mitarbeiters zu seinem Job/zu der Firma, wäre die spannende Frage: Wie erfasse ich diese im Rahmen der Leistungsbeurteilung? Benchmarking? Anonyme Beurteilungen durch Kollegen? …
Um diese und ähnliche Fragen zu beantworten, empfehle ich als ersten Schritt, die gegenseitigen Rollenerwartungen zu klären. Kontaktieren Sie mich und wir können besprechen, wie das Verfahren in Ihrem konkreten Fall aussehen kann.
2 Kommentare zu „Personalauswahl: Was haben DSDS und Das Literarische Quartett gemeinsam?“
Zu Fall 1) Schließlich gibt es eine Probezeit in der die Eignung des Mitarbeiters und sein Fachwissen durchleuchtet werden kann. Daher muss man nicht alle Prüfungen vor der Einstellung verlagern, schließlich kauft man keinen Gerauchtwagen vom Privatmann wie gesehen.
Zu Fall 2) Der Arbeitgeber muss zunächst sich darüber im klaren sein, ob er Wert auf lange Anwesenheit der Mitarbeiter oder die schnelle Erledigung der Arbeit legt.
Beide Varianten haben Vorteile und widersprechen sich nur scheinbar.
Wenn die Kunden den Mitarbeiter kennen und Wissen, dass er auch um 19:00 oft erreichbar ist, dann hat oft dieser Mitarbeiter einen hohen Stellenwert bei dem Kunden, auch wenn er langsamer arbeitet.
Ist es dann nicht schon zu spät? Sofern das Fachwissen für eine Position von Relevanz ist, gilt es doch den *richtigen* Kandidaten in die Probezeit zu schicken! Ein Beispiel aus meiner eigenen Historie: Für die Betreuung von institutionellen Kunden ist ein fundiertes Fachwissen auf unterschiedlichen Gebieten zwingend erforderlich. Die Vorgehensweise war damals bei allen potentiellen Arbeitgebern in dieser Frage gleich: Die Verantwortlichen für die Key-Account-Betreuung hatten sich auf einen oder mehrere Kandidaten geeinigt, mein Fachwissen wurde im Anschluss im Schnitt von 6-8 unterschiedlichen Produktspezialisten in Einzelgesprächen auf Herz und Nieren überprüft. Nicht das, was ich damals gelernt hatte, nicht das, was ich mal in einer früheren Position gemacht hatte (das alles wurde bereits im “normalen” Interview abgedeckt), sondern die Tiefe und die Aktualität meines Wissens im Hier und Jetzt!
Anderes Beispiel: Wenn für eine Position fundierte Excel-Kenntnisse erforderlich sind, ist es m. E. schlicht nicht ausreichend, sich darauf zu verlassen, dass der Kandidat in der engeren Wahl sich selbst in seinem Lebenslauf als “Experte” bezeichnet. Ich habe es und werde es immer so handhaben: Ich entwerfe einen Test! Er kriegt mein Laptop vorgesetzt und soll im Hier und Jetzt vorführen, wie gut er mit Pivot-Tabellen umgehen kann, Verweisfunktionen programmieren kann, etc.
Zu Ihrem 2. Punkt: Auch diese Kausalität (Überstunden findet der Kunde gut) würde ich an Ihrer Stelle nicht einfach unterstellen, sondern überprüfen. Meine Kollegen, zuständig für Kundenbefragungen, können ein Lied davon singen wie häufig Firmen unnötige und für sie sehr kostspielige Dienstleistungen vorhalten, nur weil sie *annehmen*, dass der Kunde sie wollen würde. Manchmal nämlich nimmt der Kunde nur deswegen eine Leistung mit, weil sie (kostenlos) angeboten wird und nicht weil er sie braucht oder für wichtig erachtet!