Beim Thema Zins- und Währungsmanagement möchte ich Ihnen eine alternative Vorgehensweise in der Zusammenarbeit mit Banken empfehlen.
Wie ist die übliche Vorgehensweise bei einer mittelständischen Firma, wenn es um Zins- und Währungsmanagement geht? In etwa so:
Die Firma prognostiziert den Import-/Exportbetrag, kennt die Höhe und den Prolongationszeitpunkt der (Fremdwährungs-)Verbindlichkeiten, o. Ä. und bittet ihre Banken, eine Absicherungsstrategie zu empfehlen und eine Offerte auszulegen. Sie entscheidet sich für eine empfohlene Strategie und nimmt die dazugehörige Offerte an.
Die Verantwortung für diese Entscheidung tragen die zuständigen Finanzverantwortlichen in der Firma. Wenn “die Wette” gut läuft, gibt es ein Schulterklopfen für sie, und wenn es schlecht läuft, müssen sie möglicherweise Konsequenzen befürchten.
Das erste Problem: Dieses Ungleichgewicht von Chance und Risiko animiert nicht unbedingt dazu, ausgewogene Entscheidungen zu treffen.
Das zweite Problem hierbei ist, dass die Firma Äpfel mit Birnen vergleicht! Jede empfohlene Absicherungsstrategie der Bank basiert nämlich auf deren Annahme darüber, wie sich die entsprechenden Zinsen/Währungen im Planungszeitraum entwickeln werden. Sprich: ein Blick in die Glaskugel!
Es wird Ihnen sicherlich bewusst sein, dass es nicht die Annahme gibt: Sogar ein und dasselbe Bankhaus kann parallel unterschiedliche Annahmen verfolgen: Die volkswirtschaftliche Abteilung hat die eine Meinung, aber die Trader, die Asset Manager, die Bank-Treasurer verfolgen möglicherweise jeweils eine ganz andere Meinung. Es soll sogar sehr vereinzelt (!) vorkommen, dass eine Bank eine Meinung nach außen propagiert und intern mit einer gegenteiligen Strategie dagegen wettet.
Meine Empfehlung: Es ist gut und richtig, dass Sie beim Währungsmanagement die Meinungen von externen Experten einholen. Finden Sie aber anschließend zu einer eigenen Meinung hinsichtlich der Entwicklung der Zinsen und Währungen in der Planungsperiode und legen Sie sich intern darauf fest.
Sie können entweder nur ein Szenario festlegen oder aber mehrere Szenarien und diese mit Wahrscheinlichkeiten versehen: z. B. 60% Wahrscheinlichkeit, dass Szenario A eintritt, 30% für B und 10% für C.
Mit “zu einer eigenen Meinung finden” meine ich übrigens nicht die Meinung des Finanzmanagers, sondern die der gesamten Geschäftsführung! Das ist nämlich m. E. eine strategisch sehr relevante Festlegung, die von der Produktion bis zum Vertrieb viele Felder betreffen wird.
Legen Sie Ihre Annahme der Bank gegenüber offen und bitten Sie sie, für genau diese festgelegte Annahme eine oder mehrere Strategien zu empfehlen: Anteilig oder ganz absichern, den Normalfall oder Worst Case absichern, …
Je nach Plan-Szenario ist im Übrigen “keine Absicherung” ebenfalls eine berechtigte und überlegenswerte Strategie. Eine, die Ihnen Ihre Bank aus naheliegenden Gründen wohl eher nicht empfehlen wird!
An dieser Stelle erscheint es angebracht, Sie hierfür zu sensibilisieren: Beispielsweise einen Kredit “vorsichtshalber” mit einem Festzinssatz abzuschließen, ist nicht ein “konservatives” Vorgehen, sondern nicht selten ein höchst spekulatives! Die Logik dahinter besagt nämlich, dass Sie zu 100% darauf wetten, dass die Zinsen sehr stark steigen werden!
Konservativ ist m. E., wenn eine Absicherungsstrategie sich an die vorher festgelegte interne Meinung orientiert und unter Beachtung von Aufwand und Nutzen größere negative Entwicklungen absichert.
Da Sie nun die Offerten der Banken besser vergleichen können, können Sie die Bank mit einem Auftrag belohnen, die für Ihr Währungsmanagement-Szenario eine kreative Lösung maßgeschneidert bzw. die, die den günstigsten Preis für eine Standardabsicherung anbietet.
7 Kommentare zu „Interne Entscheidungsprozesse beim Zins- und Währungsmanagement“
Sie haben Recht, mittlerweile konatktiert man freiwillig genauso ungern seine Bank wie seinen Zahnarzt.
Früher dachte man die Unseriösen sind nur die Verkäufer die am Telefon, im Auftrag irgend welcher Firmen im Ausland, Wunderrenditen anbieten.
Hier muss ich Ihnen erneut widersprechen:
“Man ist ja nicht unternehmerisch tätig, um Risiken zu meiden! Der Sinn der Sache ist es doch, Risiken bewusst einzugehen, weil man die damit einhergehenden Chancen realisieren möchte.”
Man ist auch nicht unternehmerisch tätig, um jedes erdenkliches Risiko einzugehen, nur weil es Chancen bietet?
Jeder Unternehmer sollte sich eine Meinung darüber bilden, welche Risiken er bewußt eingeht und welche er lieber vermeidet.
Risiken welche man vermeidet, müsste man auch nicht im Notfall “managen”
In aller Regel gehen viele Unternehmer nur Risiken ein, deren Beurteilung ihnen leichter fällt. Daher ist das Zinsrisiko für viele kein geeignetes Spielfeld dort nach Chancen zu suchen. Diese Materie ist so komplex, dass drei Fachleute vier Meinungen vertreten können, welche sie auch täglich ändern dürfen.
Wenn der Schuster bei seinen Leisten bleibt, kommt er seltener in unruhigen Fahrwassern. Seine unternehmerischen Risiken kann er trotzdem in seinem Fach eingehen. Diese Haltung nennt man wie im ersten Posting beschrieben konservativ.
Wie gesagt, ich weiß dass auch andere Ihre Sicht teilen. Daher freue ich mich auf diesen Gedankenaustausch mit Ihnen, stellvertretend mit vielen, und bedanke mich dafür.
> Jeder Unternehmer sollte sich eine Meinung darüber bilden, welche Risiken er bewußt eingeht und welche er lieber vermeidet.
Genauso ist es! In diesem Kontext träfe das dann zu, wenn z.B. eine nur in Deutschland tätige Firma einen CHF-Kredit aufnimmt und mit der Währungsentwicklung spekuliert. Bitte bedenken Sie jedoch: Der deutsche Mittelstand ist nicht gerade berühmt dafür, mit viel Eigenkapital ausgestattet zu sein. Sie sind in der Regel in hohem Masse auf Fremdkapital angewiesen. Das Zinsrisiko geht die Firma somit nicht erst ein, sondern sie hat es von Anfang an! Wenn Firmen Risiken meiden, dann lassen sie sie einfach weiterlaufen! In diesem Fall aber trifft die Firma eine aktive Entscheidung zur Absicherung eines bereits vorhandenen Risikos.
Ich persönlich glaube nicht, dass der Grund in der Komplexität dieser Thematik liegt. Vielleicht liegt es daran, dass die Vertreter der Finanzbranche immer mehr als Verkäufer und weniger als Berater wahrgenommen werden, so dass man nicht recht der Beratung vertraut. So greift man lieber auf eine Absicherung zurück, die man auch als Privatperson kennt. Das ändert sich häufig dann, wenn jemand eingestellt wird – z.B. ein Treasurer – der sich mit der Materie auskennt und man daher seinen Empfehlungen folgt.
” Beispielsweise einen Kredit “vorsichtshalber” mit einem Festzinssatz abzuschließen, ist nicht ein “konservatives” vorgehen, sondern nicht selten ein höchst spekulatives! Die Logik dahinter besagt nämlich, dass Sie zu 100% darauf wetten, dass die Zinsen sehr stark steigen werden!”
Ich muss Ihnen widersprechen. Es ist ein konservatives Vorgehen, wenn der Kreditnehmer heute schon Wissen und Festlegen möchte welche Kreditraten er in zwei, fünf oder zehn Jahren monatlich zu zahlen hat.
Dieser Kreditnehmer “wettet” und “spekuliert” nicht darüber, sondern gestaltet seine zukünftigen Belastungen nach seinen Erfordernissen.
Herzlichen Dank dass Sie widersprechen! Ich hatte es aus dem Grund explizit erwähnt, weil ich weiß, dass Ihre Meinung nicht selten vertreten ist. Meine Theorie ist, dass in dieser speziellen Frage die Privatperson aus uns spricht! Gerne erkläre ich was ich damit meine:
Als Arbeitnehmer sind i.d.R. keine sprunghaften Veränderungen auf der Einnahmeseite zu erwarten. Nur die Kosten können einem leicht davon laufen. Daher ist es für die meisten Menschen durchaus hilfreich, wenn sie ihre Kosten genau kennen und sie somit das verfügbare Einkommen leichter planen können.
Als Unternehmen jedoch können sich auch die Einnahmen sprunghaft verändern. Daher ist die Flexibilität das oberste Gebot, um die Ausgaben jederzeit anpassen zu können. Fixe Kosten nimmt man i.d.R. nur dann in Kauf, wenn damit gewichtige Kosteneinsparungen einher gehen. Oder können Sie sich eine Firma vorstellen, die Mitarbeiter auch dann fest einstellen würde, wenn Freiberufler *günstiger* wären?! Genau darum handelt es sich aber in unserem Fall: Ein Festsatzkredit ist grundsätzlich teurer als der variable Kredit! Bleibt als Erklärung somit das Stichwort “Risikomanagement” übrig:
Man ist ja nicht unternehmerisch tätig, um Risiken zu meiden! Der Sinn der Sache ist es doch, Risiken bewusst einzugehen, weil man die damit einhergehenden Chancen realisieren möchte. Das Risikomanagement hat nicht zum Ziel, die Risiken zu eliminieren. Denn sonst würde man z.B. für alle Umsätze eine Ausfallversicherung abschließen, um sicherzugehen, dass die Gelder auch garantiert eingehen. Das Risikomanagement kümmert sich primär um Risiken, die *erhebliche* Auswirkungen auf die Vermögens-, Finanz- und Ertragslage haben können. Anhand der verfügbaren Informationen bildet man sich im Rahmen der Risikoanalyse genau hierzu eine Meinung. Angenommen alle Informationen sprechen für absehbar fallende oder gleichbleibende Zinsen. Warum sollte man dennoch diese Absicherungsstrategie, nämlich einen Festsatzkredit, wählen (und dadurch höhere Kosten verursachen), die nur dann Sinn macht, wenn Zinsen innerhalb kurzer Zeit sehr stark steigen?
“Mit “Ihre eigene Meinung” meine ich übrigens nicht den Finanzmanager, sondern die gesamte Geschäftsführung!”
Eine eigene Meinung zu bilden, ist sogar bei einfacheren Sachverhalten schwierig, gar unmöglich.
Mechankier A meint, dass dem Wagen nur neue Zündkerzen fehlen, Mechaniker B spricht von neuem Motor.
Nun hat der Familienrat sich eine eigene Meinung gebildet und daraufhin das günstigste Angebot für Kerzen + Motor eingeholt.
Vermutlich hätte Mechakier C die richtige Diagnose gestellt gehabt? Den haben wir aber leider gar nicht befragt und dafür den Motor und die Kerzen günstig austauschen lassen.
Der Wagen läuft immer noch nicht richtig rund.
Das Geschäftsleben ist ja bekanntlich extrem selten “einfach”. Man hat es mit Komplexität sowie einer Vielzahl von teils unbekannten Variablen und Interdependenzen zutun. Die Frage ist m.E. nicht, ob es mir einfach oder schwer fällt, sondern ob es relevant für meinen Geschäftserfolg ist oder nicht. Dann ist “keine Meinung und ignorieren” schlicht keine Alternative!
Wenn ich z. B. keine Geschäftsbeziehung mit Griechenland habe, muss ich auch keine Meinung dazu haben, was jetzt am Sonntag passieren könnte. Wenn es sich aber um einen gewichtigen Exportanteil handelt, dann sollte ich längst eine Meinung gebildet und eine passende Strategie festgelegt haben!
Wie man mit wichtigen Themen innerhalb der Geschäftsführung umgeht, ist wiederum eine ganz andere Frage. Hierfür stellt wohl jede Firma intern ihre eigenen Spielregeln auf: Von “Wir reden darüber aber letztlich ist es deine Kompetenz und du entscheidest allein” bis “Wir diskutieren solange bis wir uns auf einen Lösungsweg einigen”, viele Varianten kommen zum Einsatz.