Für eine Vertriebsprozess-Optimierung benötigt man Mitarbeiter, die das wollen, was sie sollen! Voraussetzung hierfür: Vorbildfunktion der Vorgesetzten!
Für eine Vertriebsprozess-Optimierung benötigt man Mitarbeiter, die das wollen, was sie sollen! Voraussetzung hierfür: Vorbildfunktion der Vorgesetzten!

Vertriebsprozess (Teil 2): Vorbildfunktion der Vorgesetzte

5 Min.

Ein erfolgreicher Vertriebsprozess stellt sicher, dass die involvierten Menschen das auch wollen, was sie sollen! Einer der Hauptvoraussetzungen dafür ist die Vorbildfunktion durch die Vorgesetzte!

Fortsetzung des Beitrages aus Teil 1

Wie bereits in der ersten These ausgeführt, für eine Vertriebsprozess-Optimierung benötigen die involvierten Mitarbeiter m. E. ein gemeinsames Ziel. Und zu diesem gemeinsamen Ziel müssten sie sich verpflichtet fühlen.

Was ist die Grundvoraussetzung dafür, dass man sich zu einem gemeinsamen Vertriebsziel verpflichtet fühlt? Die Antwort fällt aus meiner Sicht sehr eindeutig aus:

Vorbildfunktion des Vorgesetzten

Einer der Hauptvoraussetzungen für diese und andere Verhaltensänderungen ist die Vorbildfunktion durch die Vorgesetzte!

Mein aktueller Fall ist ein Paradebeispiel hierfür: In dieser Firma hakt es sehr in der Zusammenarbeit zwischen Sales und After-Sales.

Ich sollte nach einer Analyse meine Einschätzung abgeben, wie man mit einer Kombination aus Coaching & Consulting die Zusammenarbeit optimieren kann. Meine Analyse ergab:

Ja, die Zusammenarbeit sollte zwingend optimiert werden, jedoch nicht primär zwischen diesen beiden Abteilungen, sondern zwischen Geschäftsführer 1 und 2, die für diese Abteilungen verantwortlich sind! Sie führen nämlich untereinander einen Mini-Krieg. Also eine negative Vorbildfunktion durch Vorgesetzte, denn sie signalisieren ihren Mitarbeitern Tag ein, Tag aus:

Es ist absolut in Ordnung, die eigenen Interessen vor Firmeninteressen zu stellen. Solange sie kein gemeinsames Ziel finden, und das Streben danach auch vorleben, ist die Symptombehandlung auf der operativen Ebene letztlich rausgeschmissenes Geld.

These 2: Ein erfolgreicher Vertriebsprozess stellt sicher, dass die involvierten Menschen das auch wollen was sie sollen!

Nehmen wir an, wir haben es nun geschafft: Es ist ein gemeinsames Vertriebs-Endziel festgelegt und daher ist dem Vertriebsmitarbeiter nun bewusst, wo und wie genau seine Arbeit im Gesamtprozess eingebettet ist. Er weiß nun, dass seine Arbeit z. B. der Schritt 5 ist, und dass die andere Abteilung im Schritt 6 die Arbeit fortführt.

Nun legt eine durch die Geschäftsführung eingesetzte Task-Force zusammen mit einer externen Beratungsgesellschaft fest, dass der Vertriebler eine kleine Änderung vornehmen sollte: Anders als in der Vergangenheit soll er nun zusätzlich im Kundentermin zwingend bestimmte vorgegebene Fragen stellen und die Antworten unmittelbar nach dem Kundengespräch in einer Gesprächsnotiz festhalten. Man hat sogar die dazugehörige CRM-Software angeschafft/angepasst, um diesen Prozessschritt so schlank wie möglich zu gestalten.

Eine so kleine Anpassung sollte doch kein Problem sein, richtig? Falsch! Sie unterschätzen die Situation!

Ob groß oder klein, es handelt sich um eine Abweichung von einer bestehenden Routine. Unbewusst durchgeführte Routinen sind extrem nützlich und wichtig, weil bewusst gesteuerte Vorgänge sehr viel Energie kosten. Eine neue Routine aufzubauen, dauert viel Zeit und kostet viel Energie. Genau aus diesem Grund versucht das Gehirn, es auf unbewusster Ebene zunächst zu vermeiden. Es liefert nachträglich dem Bewusstsein vermeintlich sachliche Gründe, die zur Rechtfertigung der Ablehnung passen könnten: “Der Schritt macht keinen Sinn, es ist nicht gut für die Kundenbeziehung, ich habe keine Zeit, ich habe was Besseres zu tun, …”

Sie mögen nun einwenden: Das kann nicht ganz stimmen, weil wir anhand von vorher festgelegten Kennziffern den Vorher-Nachher-Effekt der gewünschten Veränderung messen. So können wir sicher sein, dass die Veränderung auch gegriffen hat und wir können es auch anhand der Kennziffern belegen.

Ich mutmaße, dass man mit diesen Untersuchungen lediglich in die gleiche Falle tappt, die auch der relativ jungen und sehr spannenden Disziplin der “Verhaltensökonomie” bestens bekannt ist:

Viele Jahre lang glaubten die Verhaltensökonomen durch Experimente sicher “nachgewiesen” zu haben, dass der Mensch von Natur aus altruistisch veranlagt ist. In diversen Studien hatten die Probanden Geld bekommen und sie konnten ohne Druck ganz freiwillig entscheiden, ob und wie viel davon sie weiterverschenken.

Und siehe da: Menschen verschenkten einen Teil davon ohne erkennbaren Druck oder Nutzen. Das muss dann wohl Altruismus sein!

Erst vor einigen Jahren hat man durch angepasste Tests herausgefunden, dass man nicht das Thema Altruismus untersucht hatte, sondern ungewollt das menschliche Verhalten in einer Situation, in der er sich beobachtet fühlt und auch weiß, warum er beobachtet wird: Er verhält sich so, wie er glaubt, was der Beobachter gerne sehen möchte!

Ich bin überzeugt, dass wir es im Falle der verbesserten Kennziffern oben mit diesem Phänomen zu tun haben: Der Mitarbeiter verhält sich konform und macht was er soll, weil er weiß, dass er beobachtet wird, nicht weil er es eingesehen hat und/oder eine neue Routine implementiert hat. Hört die Beobachtung auf, kehrt er zur alt-etablierten und aus seiner Sicht bewährten Routine zurück.

Das deckt sich mit meiner jahrelangen eigenen Erfahrung als Führungskraft in Großkonzernen, die typischerweise so ablief: Der Arbeitgeber führte einen neuen Prozess bzw. eine neue CRM-Lösung ein, wir Vertriebseinheiten sollten irgendetwas irgendwo eintragen oder machen oder zusammenstellen, wozu wir nicht wirklich Lust hatten.

Unser Global Head sagte dann zu uns: “Ich weiß, wir haben alle keine Lust dazu (vgl. oben Vorbildfunktion der Vorgesetzte!), aber es ist nun einmal “oben” so entschieden und es heißt der Vorstand lässt sich persönlich den Fortschritt wöchentlich vorlegen. Also sollten wir es wohl besser b. a. w. so handhaben”.

Darauf hin haben wir uns besonders mit unseren Reports bemüht und nach 4-5 Wochen begonnen, vorsichtig zu testen, ob es irgendjemandem auffällt, wenn wir damit aufhören. Nach und nach verlief das Thema im Sande und 1,5 – 2 Jahre später hat eine neue Beratungsgesellschaft den Auftrag bekommen, ihr Glück erneut zu versuchen.

Mitarbeiter einbinden

Eine Alternative zu der üblichen Vorgehensweise ist, dass der Arbeitgeber es so einrichtet, dass der Mitarbeiter sich als ein Teil der Lösung wahrnimmt und aktiv dazu beiträgt. Methoden und Ansätze dazu sind längst bekannt und diese empfehle ich auch meinen Firmenkunden. Sie setzen jedoch einen Paradigmenwechsel voraus. Hierfür ist es wiederum notwendig, ein Problembewusstsein dafür zu entwickeln, warum die üblichen Herangehensweisen üblicherweise scheitern.

Auch dazu dient hoffentlich dieser Beitrag.

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